Ein Stück am Hamburger "Thalia"-Theater sorgt für Proteste. "Gólgota Picnic" vom argentinischen Regisseur Rodrigo García, das am Montag aufgeführt werden soll, bringt Kritik an der Konsumgesellschaft mit einem Angriff auf Religion in einen Zusammenhang.
Von PRO
Foto: www.thalia-theater.de
Nackte Körper in Theateraufführungen sind inzwischen so alltäglich wie in der nächtlichen Werbung von RTL II. Doch im Stück "Gólgota Picnic" arbeitet der Regisseur Rodrigo García zusätzlich bewusst mit provokanten Szenen und religiöser Symbolik. Wie "Focus online" berichtet, tritt der Teufel auf, der die Menschen lehren will, Städte und ganze Völker auszulöschen, oder einen Holocaust zu unternehmen. Dabei stellt er fest, dass dies die Menschen ja bereits selbst getan hätten. García fragt laut der Ankündigung des "Thalia"-Theaters: "Entspringt das Schlechte in der Welt der Religion oder umgekehrt: Entstammt die Sehnsucht nach religiösem Halt aus dem Schrecken der Welt?" An einer Stelle stecken die Schauspieler Fleisch in einen Fleischwolf, während diese Szene extrem vergrößert an die Rückwand projiziert wird. Zum Schluss der Inszenierung sitzt der Musiker Marino Formenti nackt am Flügel und spielt Haydns "Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze". "Das brutale visuelle Erbe des Christentums, das Generation für Generation weitergegeben wird, steht zur Hinterfragung", heißt es in der Ankündigung.
Der Intendant des Theaters, Joachim Lux, bestätigte gegenüber der "Tageszeitung" (taz), das das Stück viel christliche Ikonographie enthalte, sowie Darstellungen von Engeln, von Christus und des Märtyrertums. "Auch Nacktheit spielt eine große Rolle", fügte Lux hinzu. In dem Stück gehe es um die Frage, "ob die Religion ihren Auftrag erfüllt in einer Welt, die in obszönem Maße Verschwendung betreibt."
Frühere Proteste in Österreich und Frankreich
Schon als "Gólgota Picnic" in Österreich und Frankreich aufgeführt wurde, gab es erheblichen Widerstand. Hunderte strenggläubige Christen demonstrierten während der Aufführung des Stückes auf den Straßen in Toulouse, Paris und Graz, so "Focus online". Menschen trugen Kreuze durch die Stadt und wandten sich in Gebeten gegen die Inszenierung. García soll sogar Morddrohungen erhalten haben.
Nun gibt es auch in Deutschland Protest, nachdem das Hamburger Theater die Aufführung angekündigt hat. Das Ensemble des Centro Dramático Nacional aus Madrid und des Théâtres Garonne aus Toulouse führt "Gólgota Picnic" am 23. Januar um 20 Uhr im Rahmen der Lessingtage im "Thalia" auf. Christen haben das Stück als "satanisch" und "gotteslästerlich" bezeichnet. In Briefen und E-Mails wird das Theater aufgefordert, das Stück abzusetzen. Die Aufführung erfülle den Tatbestand der Volksverhetzung, betreibe Blasphemie und Pornografie, heißt es in den Protestnoten. In einer Botschaft heißt es: "Bedenken Sie bitte auch, dass Gott Seiner nicht spotten lässt. Auf irgendeine Weise wird Er eine solche Beleidigung rächen, und wer weiß, wen diese Vergeltung dann trifft. Vermutlich alle, die daran beteiligt waren, aber vielleicht auch diejenigen, die dazu geschwiegen haben." Zwischen Freitag vergangener Woche und Montag seien bis zu vierhundert E-Mails und Faxe im Theater eingegangen, berichtet "Thalia"-Intendant Lux.
In einem offenen Brief gestand Lux ein, dass es sich bei "Gólgota Picnic" "fraglos um eine drastische und auch verstörende Aufführung" handle. "Sie zeigt, wie unfassbar zerstörerisch unsere konsumistische Zivilisation agiert und entwirft unter anderem das Bild eines Fastfood-Golghata-Babel, einer nahezu kannibalistischen Schädelstätte." Der Regisseur stelle auch die Frage, inwieweit die Religion Erlösung vom Bösen verheißen könne, und ob sie nicht selbst Teil des sogenannten Bösen sei.
Zwar sei „nicht auszuschließen, dass die Aufführung bei manchen die Grenze der Wahrnehmungsbereitschaft überschreitet“. „Das aber tun die Capriccios von Goya, christliche Märtyrerdarstellungen, die Bilder von Francis Bacon und Paul McCarthy oder selbst die Darstellungen von Jesus Christus am Kreuz auch“, so Lux. Den Vorwurf, es handele sich bei Garcías Werk um Blasphemie, Pornografie oder Volksverhetzung, wies er auch gegenüber der "taz" von sich. Das Gastspiel werde nicht abgesetzt, betonte er. (pro)
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