„taz“ lässt Muslim-Bruder zu Wort kommen

In den letzten Wochen wurde im Zuge der Proteste und Unruhen in Ägypten viel über die Muslimbrüder diskutiert. In einem Interview mit der Tageszeitung "taz" kommt einer der Führer der Muslimbrüder, der ägyptische Arzt Abdel Monem Abou el-Fetouh, zu Wort. Darin äußert er sich zu einem religiösen Staat und warum die Scharia weiter die wichtigste Quelle des Rechts bleiben soll.
Von PRO

"Wir Muslimbrüder sind für einen demokratischen, gemäßigten und unabhängigen Staat, der die Einheit aller Ägypter berücksichtigt", stellt el-Fetouh klar. Im Kampf gegen Korruption und Unterdrückung gehe es auch nicht darum, was die Muslimbrüder, sondern was die Mehrheit der Ägypter wollten, denn alle hätten das gleiche Verlangen nach Frieden, Gerechtigkeit und Fortschritt. Dabei spricht sich der Muslimbruder gegen einen religiösen Staat aus: "Aber auch ein ziviler Staat sollte die Geografie und die Geschichte dieses Landes respektieren. Alle Ägypter, ob Kopten oder Muslime, haben die Religion in ihren Zellen." An der ägyptischen Verfassung bemängelt der Arzt das Fehlen von Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit, weil sie dem "Präsidenten zu viel Macht" gibt.

"Scharia meint Freiheit, Gerechtigkeit und Entwicklung"

El-Fetouh will mit einem – seiner Meinung nach – weit verbreiteten Vorurteil in Europa aufräumen: "Scharia meint nicht: Hände abhacken." Im Verständnis der Muslimbruderschaft meine Scharia Freiheit, Gerechtigkeit und Entwicklung, wie sie der Prophet Mohammed gepredigt habe. Er verschweigt nicht, dass die Scharia auch Strafen vorsehe: "Aber das Strafrecht sollte vom Parlament beschlossen und von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert werden." Diese Gesetze sollten nicht die individuelle Freiheit eines ägyptischen Staatsbürgers einschränken.

Für Ägypten sei es wichtig, auf Grundlage der eigenen Interessen "gute Beziehungen mit der internationalen Gemeinschaft zu pflegen". Den Einfluss der Muslimbruderschaft, der es ermöglicht, Abkommen zu ändern, sieht er als gering an: "Wir Muslimbrüder sind nur eine Gruppe von Ägyptern. Wir müssen akzeptieren, was die Mehrheit fordert oder ablehnt, auch wenn dies unseren Ideen widerspricht."

Aus dem eigenen Lager hätten sich vor allem junge Menschen an den Protesten beteiligt, während sich deren Führungspersönlichkeiten erst später angeschlossen hätten. Die "taz" widmet den Stimmen aus der arabischen Ländern insgesamt sechs Seiten, auf denen Beteiligte des Aufstands in Ägypten, Tunesien und anderen arabischen Ländern über ihre Ziele, Hoffnungen und Ängste sprechen. (pro)

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