„taz“ darf Klinsmann ans Kreuz nageln

Fußballtrainer Jürgen Klinsmann hat seinen Rechtsstreit gegen die Berliner "Tageszeitung" (taz) verloren. In zweiter und voraussichtlich letzter Instanz entschied das Oberlandesgericht München, dass die Zeitung Klinsmann als Gekreuzigten mit Dornenkrone abbilden darf – die Darstellung sei durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt.
Von PRO

„Die Darstellung von Jürgen Klinsmann am Kreuz in der Osterausgabe der Berliner ‚tageszeitung‘ war vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt und ist rechtlich nicht zu beanstanden“, zitiert der Deutsche Pressedienst (dpa) das Oberlandesgericht (OLG) am Montag. Damit wies das Gericht in zweiter Instanz einen Antrag des Sportlers auf einstweilige Verfügung gegen die Zeitung zurück. Die satirische Darstellung sei zulässig, hieß es vonseiten des Gerichts. In der rechtlichen Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit einerseits und dem Persönlichkeitsrecht von Klinsmann andererseits überwiege eindeutig das Interesse der Tageszeitung. Als Person der Zeitgeschichte müsse Klinsmann zudem mit der Veröffentlichung von Fotos rechnen, die auch für satirische Zwecke verwendet werden können.

Anwalt: „Prozess war kein Fehler“

In der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) äußerte sich Klinsmanns Münchner Anwalt, Bernd Gabriel. Er halte die Entscheidung des OLG für falsch: „In der historischen Vergangenheit gab es keine Meinungsäußerungsfreiheit, das wissen wir alle; aber das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen zu Gunsten der Meinungsäußerungsfreiheit zurückzudrängen, kann auch nicht richtig sein.“ Klinsmann habe seinen Kindern erklären müssen, weshalb er „brutal ans Kreuz genagelt“ dargestellt wurde. „Ob die Richter darüber nachgedacht haben? Ob sie ihren Kindern gerne so etwas erklären würden?“, zitiert die SZ. Für einen Fehler hält Gabriel den Prozess nicht, denn hier sei es um die Persönlichkeitsrechte seines Mandanten gegangen, „um seine Menschenwürde“.

Einen Marsch durch die Instanzen plant der Anwalt dennoch nicht: „Ich könnte das tun“, erklärte er. „Wer in Deutschland eine verkrustete Rechtsprechung aufbrechen will, muss durch die Instanzen gehen.“ Die Entscheidung fälle aber letztlich sein Mandant und dem sei wohl weniger daran gelegen, „noch mehr Aufmerksamkeit“ auf die „taz“ zu lenken.

Drei Monate währender Streit geht zu Ende

Drei Monate lang hatten sich Jürgen Klinsmann und die linkspolitische „taz“ über das Titelbild der Osterausgabe gestritten. Damals stand der ehemalige Profifußballer wegen der schlechten Spielergebnisse seines Vereins FC Bayern München unter Druck. Der während der WM noch umjubelte Klinsmann erlebte seinen öffentlichen Niedergang. Für die „taz“ lag der Vergleich mit dem gekreuzigten Jesus, beziehungsweise der Persiflage des Gekreuzigten im Film „Das Leben des Brian“ nahe. Neben seiner Abbildung standen die Worte „Always look on the bright side of life“ (Sieh immer auf die schönen Seiten des Lebens) – ein Filmzitat.

Klinsmann ging damals gegen die Darstellung vor, weil sie ihn in seinem Persönlichkeitsrecht und in seiner religiösen Überzeugung untertäglich verletze. Er verstehe sich als religiösen Menschen und erziehe auch seine beiden Kinder in diesem Sinne. Durch die Fotomontage sei er Opfer blasphemischer Angriffe geworden, mit denen auch das Leiden Christi ins Lächerliche gezogen werde, hieß es im April. Dennoch verlor Klinsmann in erster Instanz gegen die „taz“. Das Landgericht München entschied, die Kernaussage der „taz“-Darstellung sei nicht religiös zu verstehen, sondern beziehe sich auf den beruflichen Erfolg Jürgen Klinsmanns. Deshalb dürfe die Pressefreiheit in diesem Fall nicht eingeschränkt werden. Klinsmann legte Beschwerde wegen Verletzung der Menschenwürde ein und verlor nun erneut. (PRO)

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