„Tagesspiegel“ kritisiert christliche Fußballer

Profifußballer sprechen in den Medien offen über ihren christlichen Glauben. Der „Tagesspiegel“ hinterfragt, warum darüber kritische Fragen oft ausbleiben.
Von Norbert Schäfer
Giovanna Hoffmann

Der „Tagesspiegel“-Artikel „Meine Sünde trennt mich von Gott – Wenn Fußballstars zu Missionaren werden“ (Paywall) von Charlotte Bruch beleuchtet, wie Fußballprofis ihren christlichen Glauben öffentlich leben. Die Journalistin bemängelt, dass diese Praxis in der Berichterstattung selten kritisch hinterfragt wird.

Beispielhaft wird die deutsche Nationalspielerin Giovanna Hoffmann vorgestellt, die nach dem Einzug der DFB-Frauen ins Halbfinale der EM erklärt hatte: „Ich bin in erster Linie Gott unfassbar dankbar, dass ich heute so viel Kraft bekommen habe, auch dieses Spiel spielen zu können.“ Auch Teamkollegin Sarai Linder wird als „strenggläubig“ beschrieben. Bruch konstatiert, dass in einer ZDF-Doku über die Fußballerin „als auch im Anschluss an das Viertelfinale in Basel keine einzige kritische Nachfrage gab“, was ohnehin nur „selten der Fall“ sei, „wenn Fußballer von ihrem christlichen Glauben erzählen“. Seinen Glauben „offensiv kundzutun“, sei im Männerfußball Alltag, im Nationalteam der Frauen jedoch „durchaus neu“.

Die Religionssoziologin Maren Freudenberg von der Ruhr-Universität Bochum ordnet im Artikel – unter anderem wegen des Missionierungsauftrages als einem zentralen Merkmal – die Beispiele dem Evangelikalismus zu, der „sehr stark mit neuen Medien arbeite“. Freudenberg betone, dass es der Gesellschaft und vor allem jüngeren Generationen teilweise an Medienkompetenz fehle, um schwulen- oder transfeindliche Inhalte zu erkennen.

Glaube mehr als Privatangelegenheit

In den unterschiedlichen Glaubensbekundungen von Sportlern erkennt Bruch keine Schwierigkeiten. „Es wird aber dann problematisch, wenn Aussagen getroffen werden, die aus der hintersten Ecke des christlichen Fundamentalismus stammen“, schreibt die „Tagesspiegel“-Journalistin. Prominente Spieler würden von Organisationen wie „Fußball mit Vision“ oder „Ballers in God“ in unterschiedlichen Formen „gezielt als Multiplikatoren“ genutzt. Bruch sieht die genannten Vereine „insofern fragwürdig, als dass sie sich meist nicht aktiv von Diskriminierungspositionen distanzieren und öffentlich als religiöse Bewegungen agieren, die queer- und transfeindliche Glaubensinhalte verbreiten“.

Zu ähnlichen Vorwürfen hatte sich „Fußball mit Vision“ im Mai geäußert und auf Instagram erklärt, dass die eigene Arbeit auf „positiven Werten“ wie „Fairplay, Respekt und Teamgeist“ basiere. „Als Fußballer, die ihren christlichen Glauben offen leben, sind wir für viele junge Menschen Vorbilder“, teilte der Verein mit, und weiter: „Daher ist es uns wichtig zu zeigen, dass sportlicher Erfolg und ein starker Glaube Hand in Hand gehen können – und zwar auf eine Art und Weise, die Fairness gegenüber allen Wettbewerbern betont, Respekt vor jeder einzelnen Person, unabhängig von ihrer Herkunft oder Überzeugung pflegt und den unbedingten Teamgeist in den Vordergrund stellt.“

Der Artikel zieht Parallelen zu Felix Nmecha, einem gläubigen Fußballprofi, der seinen Glauben nicht nur in Interviews, sondern auch über soziale Medien sichtbar macht. Nmecha habe mehrfach Aussagen und Inhalte geteilt, „die von Kritikern als queer- und transfeindlich interpretiert“ würden.

Die Journalistin beschreibt, dass Glaube im Profifußball von Spielern nicht nur als private Angelegenheit gelebt wird, sondern bewusst als Botschaft nach außen getragen wird – mit missionarischem Charakter. Bruch sieht ein Defizit in der unkritischen medialen Auseinandersetzung mit öffentlichen Glaubensbekenntnissen. „Dabei soll Felix Nmecha sicher nicht der Mund verboten werden“, schreibt sie, und weiter: „Es braucht allerdings klaren Widerspruch, wenn seine Positionen mit Intoleranz einhergehen.“ Ihm und anderen müsste die Perspektive aufgezeigt werden, dass sich strenger Glaube und Aufgeschlossenheit gegenüber anderen Lebensentwürfen nicht ausschließen müssen.

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen