Syrische Christen sind gegen Waffen für Opposition

Christen und andere religiöse Minderheiten in Syrien sind gegen eine Bewaffnung der Oppositionellen. Das sagte Nahostexperte Michael Lüders am Dienstag im heute-journal. Die EU hat jedoch ihr Waffenembargo gegenüber Syrien auslaufen lassen. Den einzelnen Ländern steht es nun frei, Waffen in das Bürgerkriegsland zu liefern. Hilfsorganisationen sehen diesen Beschluss kritisch.
Von PRO

Die religiösen Minderheiten in Syrien, allen voran die Christen, hätten sich gegen eine Bewaffnung der Oppositionellen ausgesprochen, sagte Lüders im heute-journal des ZDF. „Sie haben Panik davor, dass die radikalen Islamisten an die Macht kommen und dann gegen Christen, gegen Drusen, gegen gemäßigte Muslime vorgehen könnten, sie massakrieren könnten.“ Es wäre besser gewesen, die syrische Opposition bereits vor anderthalb Jahren mit Waffen zu unterstützen. Denn da seien gemäßigte Kräfte führend gewesen. Doch jetzt hätten sich radikale Gruppen durchgesetzt. „Die Situation ist mittlerweile so verfahren, dass man nicht weiß, wen man eigentlich bewaffnen soll auf Seiten der Opposition.“ Es gebe im Syrien-Konflikt keine klare Grenze zwischen „Guten“ und „Bösen“, sagte Lüders.

Bei dem christlichen Hilfswerk World Vision stieß der Beschluss der EU-Außenminister auf Kritik. Waffenlieferungen seien niemals eine Lösung, sagte Ekkehard Forberg, World Vision-Experte für Friedensförderung, laut der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Die EU hätte das Embargo seiner Meinung nach mindestens bis zur Friedenskonferenz aufrecht erhalten sollen, die Anfang Juni in Genf geplant ist. Nun sei der Friedensprozess „massiv gefährdet“.

Amnesty International: Keine Waffen gegen Menschenrechte

Die Syrien-Expertin der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Ruth Jüttner, teilte gegenüber pro mit: „Bei der Erwägung von Waffenlieferungen an Teile der bewaffneten Opposition in Syrien muss vorher eine rigorose Risikoabwägung hinsichtlich der Menschenrechtslage durchgeführt werden.“ Dabei müssten auch Berichte über schwere Menschenrechtsverletzungen durch bewaffnete Oppositionsgruppen berücksichtigt werden. Wer Waffen an Oppositionelle liefern wolle, müsse gewährleisten können, dass diese nicht für Menschenrechtsverletzungen oder Kriegsverbrechen verwendet werden.

Sollte sich der Konflikt in Syrien weiter verschärfen, könnten bis Jahresende 3,5 Millionen Menschen in der Nahost-Region auf der Flucht sein, teilte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mit. Bereits jetzt registrierten die Vereinten Nationen anderthalb Millionen Flüchtlinge in der Region sowie 4 Millionen innerhalb Syriens. Über ein Drittel der syrischen Bevölkerung sei auf humanitäre Hilfe angewiesen, so eine Sprecherin des DRK. „Wir befürchten, dass sich durch eine Intensivierung der Kampfhandlungen die ohnehin schon katastrophale humanitäre Lage für die Zivilbevölkerung weiter verschlimmert.“

Hilfswerke fordern Stopp von Waffenlieferungen

Das „Bündnis Entwicklung Hilft“, ein Zusammenschluss der Hilfsorganisationen medico international, Misereor, terre des hommes und der Welthungerhilfe, forderte bereits Anfang Mai, sämtliche Waffenlieferungen in die Konfliktregion an eine der Parteien zu unterbinden und eine politische Lösung anzustreben. „Waffenlieferungen werden den Konflikt anheizen, doch genau dies muss unbedingt vermieden werden“, heißt es in einem Aufruf des Bündnisses.

Die Außenminister der Europäischen Union berieten am Montag bis in die Nacht darüber, ob die Sanktionen gegen Syrien fortgesetzt werden sollen. Vor allem Frankreich und Großbritannien forderten, das Verbot, Waffen an syrische Oppositionelle zu liefern, aufzuheben. Sie konnten ihre Position durchsetzen. Die EU-Mitgliedsstaaten können nun selbst darüber entschieden, ob sie die Gegner des Präsidenten Baschar al Assad mit Waffen und Munition zum Schutz der Zivilbevölkerung unterstützen. Wie tageschau.de berichtete, habe derzeit jedoch keines der Länder Interesse daran. Frühestens im August werde es Lieferungen in das Bürgerkriegsland geben. (pro)

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