SWR-Rundfunkrat: …und raus bist Du?



Am 23. Oktober berät das Kabinett in Baden-Württemberg über die Zusammensetzung des SWR-Rundfunkrates. Es könnte sein, dass die Freikirchen dann ihren Sitz in dem Gremium verlieren und dafür die Muslime einen erhalten. Ziel des grün-roten Kabinettsentwurfs ist eine zeitgemäßere Zusammensetzung, sowohl was die Gruppen als auch die Berücksichtigung der Geschlechter betrifft.
Von PRO

Umstritten ist, welche gesellschaftlichen Gruppen, wie viele Mitglieder in den Rundfunkrat der öffentlich-rechtlichen Anstalten entsenden dürfen. Von der Umverteilung betroffen wären wohl auch die Vertriebenenorganisationen. Der aktuelle SWR-Staatsvertrag stammt aus dem Jahre 1998, als Südwestfunk und der Süddeutsche Rundfunk zum Südwestrundfunk fusionierten. Der Landtag wird darüber vermutlich im Frühjahr 2013 abstimmen.



Moslems gesellschaftlich relevanter?



Der Rundfunkrat soll seine bisherige Größe behalten. Das rot-grün regierte Rheinland-Pfalz stellt derzeit 23 der 74 Rundfunkratsmitglieder, Baden-Württemberg entsendet 51 Mitglieder in das Aufsichtsgremium. Laut "Badischer Zeitung" sieht der Entwurf vor, dass die Landesregierung ihre zwei Vertreter gänzlich zurückzieht. Die acht Sitze für den Landtag sollen dagegen bleiben. Für gesellschaftlich relevanter als die Freikirchen hält die grün-rote Regierung nach Lage der Dinge die muslimischen Glaubensgemeinschaften, die bisher nicht berücksichtigt sind.



Die evangelische und die katholische Kirche sollen ihre jeweils zwei Sitze behalten. Kirchliche Gruppierungen sind durch die Vertreterin der Frauenarbeit beider Kirchen und dem Sitz für die israelitischen Religionsgemeinschaften vertreten. Die Vertriebenorganisationen würden ihre zwei Sitze einbüßen. Einen Platz mehr könnten die Umweltverbände erhalten. Entsprechend aufgestockt werden auch die Migranten. Der Landesbauernverband schließlich muss seinen Sitz im Wechsel mit den Landfrauen teilen.



Lange Tradition



Diese Änderung so nicht hinnehmen möchte der Medienbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF), Markus Bräuer: "Die evangelischen Freikirchen vertreten eine große Zahl christlicher Kirchen, zu denen unter anderem die Baptisten, Methodisten und die Freien evangelischen Gemeinden (FeG) ebenso wie die orthodoxen Kirchen gehören. Sie haben im Sendegebiet des SWR eine lange und gute Tradition. Deshalb halte ich es für falsch, die Freikirchen aus der Mitarbeit im Rundfunkrat auszuschließen. Die Muslime an der Arbeit des Rundfunkrates zu beteiligen, wird einen aufgeklärten Dialog der Religionen in der Gesellschaft fördern. Sie aber nur auf Kosten der Freikirchen zu integrieren, ist abwegig", sagte Bräuer gegenüber pro.



Erschüttert hat der Geschäftsführer des Christlichen Medienverbundes KEP, Wolfgang Baake, auf die geplante Reform reagiert: "Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen. Erstmals entscheiden Landesregierungen gegen evangelische Freikirchen und zugunsten von muslimischen Gemeinschaften. Sollten die Landesregierungen diesen Gesetzentwurf verabschieden, wäre das eine klare Ansage gegen christliche Gemeinden und Gemeinschaften und für muslimische Gemeinschaften." Laut Baake werde damit ein Präzedenzfall geschaffen, dem bei entsprechenden politischen Mehrheitsverhältnissen weitere folgen könnten. Baake forderte die Parteien in den Landtagen auf, die Gesetzentwürfe abzulehnen. Das Staatsministerium verwies gegenüber der Nachrichtenagentur dpa darauf, dass die Verhandlungen noch liefen. Wie der Regierungssprecher sagte, soll dieser Teil des Entwurfs für einen neuen Rundfunkstaatsvertrag am 23. Oktober zeitgleich in den Kabinetten von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz beschlossen werden.

Neu in dem Staatsvertrag wäre eine vorgeschriebene Quotierung: Wer mehr als einen Sitz hat, muss die Geschlechter, so möglich, hälftig berücksichtigen. Im Januar wird der SWR-Rundfunkrat nach dem turnusgemäßen Ablauf seiner Periode 2013 noch einmal nach der alten Regel besetzt, allerdings auf 18 Monate verkürzt. Nach der Beschlussfassung im Landtag soll die neue Regelung möglichst schnell in Kraft treten. Der Rundfunkrat ist das oberste Programmkontrollgremium beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Er überwacht, dass die Anstalten ihren gesetzlichen Sende- und Kulturauftrag einhalten. Überdies soll er durch seine Besetzung garantieren, dass die Programme allen gesellschaftlich relevanten Gruppen offen stehen. (pro)

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