SWR: Kritischer Bericht über christliche Schule

"Umstrittene Parallelwelt" ist der Titel einer SWR-Ausstrahlung, die für Diskussionen sorgt. In der Sendung "Zur Sache Baden-Württemberg" berichten Martin Klein und Andrea Dörfel kritisch über eine staatlich genehmigte christliche Privatschule – und meinen, christliche Fundamentalisten seien auf einem Siegeszug.
Von PRO

Sind bibeltreue Christen auf dem Vormarsch in Baden-Württemberg? Dieser Frage widmete sich das SWR-Fernsehen am 30. Oktober in einem fünfminütigen Beitrag. Im Zentrum der Berichterstattung steht eine im Oktober dieses Jahres vom Verwaltungsgericht Stuttgart genehmigte Bekenntnisschule im Hohenlohekreis. „Nun darf jeder glauben, was er mag, nur wird es dann problematisch, wenn solche radikalen Fundamentalisten eigene Schulen betreiben“, moderiert Clemens Bratzler die Produktion an. Gezeigt werden im Folgenden Gläubige, die sich weigern, vor der Kamera Stellung zu nehmen. Auch die Schule der „Evangeliums-Christen“ darf das Fernsehteam nicht betreten.

„Im Zentrum steht für die Schule der christlichen Fundamentalisten die Bibel“, erklären die Reporter stattdessen selbst und berichten über die Ausrichtung des Unterrichts: „Kinder sollen gehorsam gegenüber Gott lernen, Eltern und Obrigkeit verehren, Schamhaftigkeit und Keuschheit üben.“ Weniger radikal wirken die Christen, wenn sie selbst vor der Kamera stehen. Ein Gemeindemitglied äußert sich schließlich doch noch: „Es wird gesagt: ‚Das sagt die Bibel‘, aber nicht: ‚Das musst du glauben.‘ Das ist ein Akt, den man immer selber entscheiden muss.“

Genehmigung ist an Auflagen geknüpft

Die SWR-Reporter Klein und Dörfel berichten über Unterricht, der „bis vor kurzem“ von einer Bäckergesellin und einer Fachverkäuferin geleitet worden und wo „bis vor kurzem“ Sexualkundeunterricht tabu gewesen sei. Die offizielle Genehmigung der Schule sei die Belohnung für Monate illegalen Unterrichts bezeichnet. Die Baptisten hatten ihre Kinder bereits 2005 aus öffentlichen Bildungseinrichtungen genommen und 2006 ihre eigene Schule gegründet. Der im gleichen Jahr gestellte Antrag auf staatliche Anerkennung sorgte für großes Medieninteresse und wurde damals vom zuständigen Gericht abgelehnt. Die Christen unterrichteten trotzdem weiter. Im Oktober wurde die Schule vom Verwaltungsgericht Stuttgart genehmigt. Was die Journalisten hier mit „bis vor kurzem“ datieren, gilt, sollten die Christen der Weisung des Verwaltungsgerichts folgen, seit der offiziellen Genehmigung der Schule nicht mehr. Diese erfolgte unter strengen Auflagen. So müssen Lehrer der Bildungseinrichtung nun die notwendige fachliche Ausbildung nachweisen, die sie zum Lehren berechtigt. 2006 war das Fehlen solcher Fachkräfte ein Grund für die Ablehnung der Schulanerkennung durch das Gericht.

In dem SWR-Beitrag wird das von den Reportern nicht erwähnt, Klein und Dörfel lassen aber Wolfgang Schiele vom Regierungspräsidium Stuttgart erklären, es gebe künftig Kontrollen, die garantieren sollen, dass die „Vielfalt der Einstellungen, die es in unserer Gesellschaft gibt, auch im Unterricht dieser Schule aufgearbeitet werden“. Tatsächlich ist die Bekenntnisschule seit ihrer Genehmigung dazu verpflichtet, ihren Unterricht dem staatlicher Schulen anzugleichen. Ab der fünften Klasse muss die Evolutionstheorie „mit der nötigen Seriosität und dem nötigen Umfang“ dargestellt werden, erklärte das Gericht im Zuge der Genehmigung. Ein naturwissenschaftliches Labor und eine Sporthalle müssen eingerichtet werden. Die Schöpfungsgeschichte ist nicht alleiniger Unterrichtsinhalt, sondern wird den Kindern gleichwertig zur Evolutionstheorie nahegebracht. Auch die Sektenbeauftragte der SPD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg, Sabine Fohler, kommt im Beitrag zu Wort. Wichtig sei es, sich gegen fundamentalistische Tendenzen zu wenden, islamische wie christliche.

Christen „auf dem Vormarsch“ in Baden-Württemberg?

Der SWR greift in „Umstrittene Parallelwelt“ auch auf Archivmaterial von einem Besuch einer christlichen Schule in Pforzheim zurück. Auch hier würden Darwin und die Schöpfung zu gleichen Teilen gelehrt. „Ich denke nicht, dass wir vom Affen abstammen“, äußert sich einer der Schüler vor der Kamera, ein Mädchen erklärt, die Welt sei 10.000 Jahre alt. Dass die „Bibeltreuen“ in Baden-Württemberg auf dem Vormarsch sind, wollen Klein und Dörfel auch anhand eines Ehepaares demonstrieren, dass in Heidelberg ein „heiliges Disneyland“ eröffnen wollte, einen Freizeitpark in dem es um die Schöpfungsgeschichte gehen sollte. Weit kam das Paar nicht. Die zuständigen Behörden lehnten die Idee ab. Sie kollidiere mit dem Selbstverständnis des Universitätsstandorts Heidelberg. (PRO)

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