Switchfoot: „Wir wollen Mauern niederreißen“

Die Mitglieder der christlichen Band Switchfoot machen keinen Hehl aus ihrem Glauben. Dennoch war die Gruppe lange Zeit bemüht, sich von der christlichen Musikindustrie abzukoppeln – mit Erfolg. Ihr neuestes und mittlerweile achtes Album "Hello Hurricane" stand auf Platz 13 der amerikanischen Albumcharts. Mit den pro-Autorinnen Anna Wirth und Debora Dürksen sprach Keyboarder Jerome Fontamillas über die Stürme im Leben und darüber, wie Switchfoot suchende Menschen mit Musik erreicht.

 

Von PRO

pro: Euer neues Album "Hello
Hurricane" soll laut Sänger Jon Foreman verraten, wer die Band Switchfoot
eigentlich ist. Also, wer seid ihr?

Jerome: "Hello Hurricane" soll
zeigen, dass wir den Stürmen des Lebens mit erhobenem Haupt  begegnen. In den letzten Jahren haben wir als
Band einigen Stürmen trotzen müssen. Wir haben viel daraus gelernt. Aufzustehen
und, wie es in einem unserer Texte heißt, zu sagen: "Du könntest mir alles
in meinem Leben nehmen, aber du kannst meine Liebe nicht zum Verstummen
bringen" – das ist das Thema des Albums und das Thema von Switchfoot.

Welchen Stürmen musstet ihr in den vergangenen Jahren trotzen?

Wir haben mit diesem Album vor drei Jahren begonnen. Es gab in dieser Zeit viele Unwägbarkeiten. Wir haben unsere Plattenfirma gewechselt, sind unabhängiger geworden, haben in unserer Heimat San Diego ein eigenes Studio gegründet. Wir wussten nicht, wo es mit der Band hingehen soll. Aber diese Unsicherheiten haben uns fünf näher zusammengebracht.

Ist das der Grund, warum ihr sagt, dieses Album sei das schwerste eurer Laufbahn gewesen?

Dafür gibt es viele Gründe. Einer ist sicher unsere neue Unabhängigkeit. Es ist das erste Mal in unserer Bandgeschichte, dass wir nicht wissen, was der nächste Tag bringen wird. Aber wir haben uns dafür entschieden, einfach eine CD aufzunehmen. Eine andere Schwierigkeit dieses Albums war, dass wir so lange darauf hingearbeitet hatten. Deshalb haben wir über 90 Lieder aufgenommen. Es war eine große Herausforderung, davon 12 für "Hello Hurricane" auszuwählen. 

Switchfoot begann seine Karriere beim christlichen Lable Re:think. Vor einigen Jahren seid ihr zum säkularen Großkonzern Columbia gewechselt. Warum?

Re:think war eigentlich ein unabhängiges Lable, wurde aber von einer christlichen Plattenfirma aufgekauft. Das war damals gut für uns – wir sind gewachsen und bekannter geworden. Dann bot Columbia an, ein oder mehrere Alben mit uns zu machen. Wir sagten uns damals: Das ist eine gute Chance, mal sehen, wohin uns das führt. Es war wohl der Weg, den wir gehen sollten.

Habt ihr versucht, das Image einer christlichen Band abzulegen?

Als wir anfingen, als Band aufzutreten, haben wir überall gespielt – in Kirchen, Bars oder Universitäten. Wir spielen für jeden. Der Gedanke, als christliche Band gekennzeichnet zu sein, ist für uns schwer zu begreifen. Wir schätzen, wie die christliche Gemeinschaft uns aufgenommen hat. Es ist eine Ehre, mit dem Namen Jesus Christus verbunden zu werden. Dennoch spielen wir auch für andere Menschen – für Atheisten oder Hindus zum Beispiel.

Seid ihr eine christliche Band?

Ich würde Switchfoot nicht als christliche Band bezeichnen, aber ich würde uns eine Band nennen, die für nachdenkliche Menschen spielt. Für Menschen, die suchen. Unsere Lieder sind nicht moralisierend, wir singen über Dinge, die wir erleben. Wir sind alle tief in unserem Glauben verwurzelt. Deshalb singen wir auch darüber.

Jon sagte einmal, ihr wollt Salz und Licht in der Welt sein. Wie?

Am Anfang waren wir stark in der christlichen Szene aktiv. Als wir zu Columbia wechselten, änderte sich alles. Plötzlich spielte eine kleine Band wie wir vor riesigen Menschenmengen. Wir wollten da einen Unterschied machen. Salz und Licht zu sein, vor einem Publikum, mit dem viele christliche Bands nicht in Berührung kommen, war für uns eine Herausforderung. Wir hätten nie gedacht, dass eine Band wie Switchfoot diese Chance bekommen könnte, also wollten wir diese Situation nutzen – mit starkem Glauben.

Ist es immer noch eine Herausforderung?

Ja. Wir kämpfen. Es gibt da immer Kräfte, die gegen uns sind. Es wird immer Stürme geben, die dich treffen, wie es bei "Hello Hurricane" heißt. Es ist eine schwere Bürde, eine Band zu sein, die ihren Glauben leben will und damit in eine Welt zu gehen, in der viele nicht mit unseren Einstellungen übereinstimmen. Aber wir spielen unsere Musik im Glauben. Es ist berührend, eine Ehre und ein Segen, dass viele Menschen zu uns sagen: "Ich glaube nicht, was ihr glaubt, aber ich mag eure Musik und ich mag die Dinge, die ihr sagt. Das bringt mich zum Nachdenken."

Das ist nicht unbedingt typisch für den Musikmarkt der USA, der stark zwischen christlicher und säkularer Musik trennt…

Ja. Oft mögen Nichtchristen sogar christliche Musik, aber es gibt immer Mauern – und zwar auf beiden Seiten. Viele christliche Bands wollen nichts mit dem Mainstream zu tun haben und anders herum. Wir als Band wollen diese Mauern einreißen.

Habt ihr damit auch schon schlechte Erfahrungen gemacht?

Meistens haben wir großartige Erfahrungen damit gemacht, einen Dialog mit Andersgläubigen zu führen. Es gibt Menschen, die niemals mit unserem Glauben übereinstimmen werden, aber sie sprechen mit uns darüber. Mehr können wir nicht tun.

Hat die amerikanische christliche Musikindustrie ein schlechtes Image?

Vielleicht nicht so schlecht, wie man in Deutschland denkt. Es gibt viele, die die christliche Musikindustrie respektieren. Aber es gibt eben diese Mauern zwischen den Märkten. Oft fehlt beiden Seiten wohl einfach das Verständnis füreinander.

Muss sich in der christlichen Musikindustrie etwas ändern?

Auf beiden Seiten muss sich etwas ändern. Ich glaube, Bands in der christlichen Musikindustrie sollten versuchen, den Mainstream besser zu erreichen. Aber etwas mehr Mainstream täte der christlichen Musikindustrie auch gut. 

Jerome, danke für das Gespräch.

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