Kinder und Jugendliche wünschen sich klare Regeln von ihren Eltern. Das ist das Ergebnis einer Studie, die sich mit dem Seelenzustand Heranwachsender beschäftigt hat.
Von PRO
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Kinder wünschen sich nicht nur, dass ihre Eltern Zeit mit ihnen verbringen, sondern auch klare Regeln und Strukturen im Alltag. Das geht aus der neuen Rheingold-Stuide hervor, die der Stern in Auftrag gegeben hat
Die Studie des Kölner Rheingold-Institutes im Auftrag der Zeitschrift Stern hat 28 Mädchen und Jungen im Alter zwischen 8 und 15 Jahren analysiert und befragt. In den existenziellen Fragen ging es um Gefühle, den Umgang mit Druck und darum was die Heranwachsenden genießen können. Dabei steht fest: Die jetzige junge Generation lebt im Wohlstand, wird individuell gefördert und begleitet wie noch nie zuvor.Ein Ergebnis ist, dass die Heranwachsenden nicht so sehr unter dem Leistungsdruck leiden, den viele Erwachsene immer vermuten. Vielmehr vermissten die Kinder Routine und Rituale. Zuhause erlebten sie oftmals scheiternde Beziehungen und kaum durchsichtige Rollenbilder. Laut Stephan Grünewald vom Rheingold-Institut hätte die Generation nicht nur verunsicherte und ängstliche Eltern, sondern auch weder Leitplanke noch Kompass zur Orientierung.
Die zehnjährige Carla etwa wolle mit ihrem Wohlverhalten eine instabile Welt stabilisieren. „Ich bin lieber nicht patzig, damit sich meine Eltern nicht wegen mir trennen“, bekennt sie. Der 13-jährige Niklas habe zwar zahlreiche Hobbys, ihm fehlten aber Gewissheiten in seinem chaotischen Leben. Wenn die Eltern arbeiten, müsse er in die Rolle des Vaters für seine zehnjährige Schwester schlüpfen. Selbst wenn Eltern abends körperlich anwesend sind, so die Studie, schwebten sie meist in anderen Sphären. Aus einem Miteinander sei ein Nebeneinander geworden: „Die Eltern laufen auf Hochtouren und die Kinder nebenher.“ Für diesen Zustand hätten die Kinder feine Antennen.
Klare Regeln für strittige Situationen
Studienleiterin Birgit Langenbartels erklärt: „Die Kinder denken, sie hätten versagt. Sie denken, sie seien nicht ‚liebenswürdig‘ genug. Sie denken, sie müssten sich mehr anstrengen. Das erzeugt Druck.“ Klarheit möchte der neunjährige Louis: auch beim Fußball. Die neue Regel, dass sich die Kinder während des Spiels bei strittigen Situationen selbst einigen, findet er nicht gut. „Erwachsene denken: Die Kinder brauchen mehr Freiraum zur Entfaltung. Die Kinder sehnen sich nach Berechenbarkeit und Halt“, heißt es in dem Artikel.
Eltern hätten Probleme damit, einen klaren Rahmen vorzugeben und über richtig und falsch beim Kind zu entscheiden. Stattdessen „lavieren sie durch Harmoniesucht, Erwartungen und Ängste“. Ohne klare Regeln herrsche Willkür und diese sei das Gegenteil von Verlässlichkeit. Interessant ist, dass die Forscher in der Lust eines Befragten am Computerspiel nicht mehr die Verweigerung der Realität, sondern den „Ausdruck einer Sehnsucht nach Stabilität“ sehen. Dort gebe es eine beherrschbare und begrenzte Welt, „die weniger chaotisch ist als die echte“.
Reale Treffpunkte fehlen
Die jetzige junge Generation unterliege einer „grenzenlosen Möglichkeit der sozialen Vernichtung“, sagt der Psychiater an der Berliner Charité, Andreas Heinz. Für die Jugendlichen fehlten die realen Treffpunkte, deswegen flüchteten sie sich in die virtuelle Welt. Auch das Smartphone gebe ihnen ein „virtuelles Sicherheitsnetz“. Für Rheingold-Chef Grünewald ist der Preis „unserer Freiheit, dass wir uns in der multioptionalen Welt verzetteln“. Als Ergebnis gelte es, klare Spielregeln zu setzen und den Jugendlichen die Möglichkeit zur Rebellion zu geben. Die Erwachsenen müssten damit klarkommen, dass die Jugendlichen sie auch doof finden können.
Im Interview wünscht sich Grünewald von den Familien eine Familienethik mit passenden Regeln und Zuständigkeiten. Wenn man Regeln durchhalte, etablierten sie sich schneller als erträumt. Auch die Konsequenzen müssten sinnvoll und vorher festgelegt sein. Grünewald ist es wichtig, dass die Kinder „gleich würdig, aber nicht gleichwertig“ sind. Bei Krisen innerhalb der Familie gelte es, keine heile Welt vorzugaukeln, sondern sie aus der Schusslinie nehmen und zu entlasten. (pro)
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