Studie: Islamisten und Rechte ähneln sich

Muslimfeindlichkeit und Islamismus verstärken sich gegenseitig. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Hassliebe: Islamfeindlichkeit, Islamismus und die Spirale gesellschaftlicher Polarisierung“, die die Amadeu Antonio Stiftung am heutigen Freitag in Berlin vorgestellt hat.
Von PRO
Muslimfeindlichkeit und Islamismus verstärken sich gegenseitig

Feindlichkeit gegen Muslime und islamistischer Fundamentalismus sind eng miteinander verknüpft. Beide Punkte verstärken sich gegenseitig – auch weil sich Mobilisierungs- und Radikalisierungsstrategien beider Lager ähneln. Zudem gebe es ideologische Gemeinsamkeiten. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Hassliebe: Islamfeindlichkeit, Islamismus und die Spirale gesellschaftlicher Polarisierung“ des Jenaer Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft.

Die Autoren der Studie berufen sich dabei besonders auf die Internetpropaganda in sozialen Netzwerken. Die Jenaer Wissenschaftler hatten in Zusammenarbeit mit dem Londoner Institut für Strategischen Dialog über 10.000 islamistische und rechtsextreme Facebook-Inhalte und mehr als eine Million deutschsprachige muslimfeindliche Twitter-Beiträge zwischen 2013 und 2017 analysiert.

Feindbilder konstruieren und Opferidentität stärken

Die Untersuchung habe gezeigt, dass die Themen der beiden radikalisierten Milieus miteinander interagierten. „Wechselseitige Bezüge dienen der Behauptung einer durch die jeweils andere Gruppe bedrohten Opferidentität“, heißt es in der Pressemitteilung der Amadeu Antonio Stiftung. Gleichzeitig würden sie gebraucht, um Feindbilder zu konstruieren und aufrecht zu erhalten.

Studienautor Maik Fielitz stellt fest, dass es extremen Rechten und Islamisten darum gehe, die Demokratie notfalls mit Gewalt abzuschaffen und durch einen Führerstaat oder die Scharia zu ersetzen. Aus Sicht des Politikwissenschaftlers träfen sich Islamismus und Rechtsextremismus „ideologisch im Antisemitismus, in Verschwörungsmythen und im Ziel homogener Gesellschaften entlang von Dogmen, die sich bei den Rechten rassistisch und bei den Islamisten religiös begründen“.

Islamistische Rhetorik deutlich gemäßigter

In der sprachlichen Analyse der Beiträge stellten die Wissenschaftler fest, dass es Überlappungen im Vokabular gibt. Bei diversen Gruppen und Begriffen sei es auch so, dass islamistische Netzinhalte von den sozialen Netzwerken effektiver entfernt würden als rassistische und rechtsextreme Botschaften. Die Londoner Extremismusexpertin Julia Ebner hebt hervor: „Unsere Analysen zeigen, dass islamistische Kommunikation stark eingeschränkt und ihre Rhetorik deutlich gemäßigter ist als noch Anfang 2017. Das Ausmaß offen rechtsextremer und muslimfeindlicher Inhalte übertrifft das Ausmaß islamistischer Inhalte bei Weitem.“

Vor allem im Nachgang von islamistischen Terroranschlägen steige die Zahl antimuslimischer Beiträge in den sozialen Medien an. Neue Begriffe zur pauschalen Abwertung von Muslimen übernähmen die Rechtsextremen in ihr Vokabular. Für Institutsdirektor Matthias Quent bilden „Rassismus, rechter Populismus und Extremismus die nationalen Resonanzräume des internationalen Dschihadismus“. Aber auch Islamisten reagierten auf Ereignisse wie rechtsextreme Demonstrationen oder die Wahlergebnisse der AfD, um das Bild eines muslimfeindlichen Westens zu verstärken und als Argument zur Radikalisierung von Muslimen zu verwenden.

Die Studie bilanziert, dass beide Seiten in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen, um „ihren extremistischen Narrativen“ Glaubwürdigkeit und ihren Aktivitäten Legitimität zu verleihen. Die Amadeu Antonio Stiftung fordert, dass diese Zusammenhänge politisch und in der Präventionsarbeit debattiert werden, weil beide Spektren sich ähnelten und die Gesellschaft bedrohten.

Die Institute in Jena und London hatten internationale Studien analysiert und qualitative und quantitative Erhebungen in sozialen Netzwerken vorgenommen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat das Forschungsprojekt im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert. Die Amadeu Antonio Stiftung hat laut eigenen Angaben das Ziel, die demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wende. Die Stiftung setzt sich zum einen gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ein, zum anderen auch gegen „Homo- und Transphobie“. In der Vergangenheit hatte sie zudem beklagt, dass die „Demos für alle“ und die „Initiative Familienschutz“ nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden.

Von: Johannes Blöcher-Weil

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