Studie: „Hohle Idole“ und der Trug im Fernsehen

Klum, Bohlen und Katzenberger: Drei Ikonen der Fernsehunterhaltung bereiten ihre Kandidaten und Zuschauer auf die vermeintlich "harte Welt da draußen" vor. Eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung kommt nun zu dem Ergebnis, dass die Fernsehmoderatoren nicht mehr als "hohle Idole" sind – und längst überwundene Werte neu aufleben lassen.
Von PRO

"Knie nieder", befiehlt Dieter Bohlen einer Kandidatin bei "Deutschland sucht den Superstar". Diese folgt dem Befehl und bettelt auf Knien sitzend um die Gnade des "Pop-Titans": "Ich will in den Recall, bitte, bitte, bitte!" Ähnliches geschah in einer Folge "Germany’s Next Topmodel". Da forderte das Vorzeigemodel des deutschen Fernsehens, Heidi Klum, von ihren Kandidatinnen, sich einen Tintenfisch auf den Kopf zu setzen oder halbnackt in einer Bar aus Eis zu posieren. Das einzige, was hier zählt, ist der Körper. Laut Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto-Brenner-Stiftung, lassen diese Moderatoren durch ihre Verhaltensweisen alte Gesellschaftsmuster wieder aufleben. "Ein längst überwunden geglaubter Sexismus feiert fröhlich Wiederauferstehung", schreibt er im Vorwort der Studie, die Anfang dieser Woche in Frankfurt veröffentlicht wurde.

Besonders kritisiert der Medienwissenschaftler Bernd Gäbler in seiner Studie mit dem Titel "Hohle Idole", dass diese Fernsehformate ein falsches Gesellschaftsbild suggerierten. "Diese Sendungen bedienen das Motiv, nur die Stärksten würden überleben. Schwache ernten eher Häme als Mitgefühl. Die Shows sind damit ein Spiegelbild gesellschaftlicher Aggressivität." Und nicht nur das: Solche Castingshows vermittelten das Gefühl, jeder könne von den so genannten "Medienidolen" lernen, wie man berühmt und erfolgreich wird – "Exerzierplätze für das Leben", so beschreibt Gäbler die drei Sendungen in einer Zusammenfassung seiner Forschungsergebnisse.

Sexismus, Egoismus und Gehorsam

Egal ob offen oder versteckt in der Sendung propagiert – die vermittelten Werte seien Egoismus und Sexismus. Gerade in Castingshows würden die Teilnehmer zu einem strengen Gehorsam erzogen. Gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (F.A.Z.) sagte Gäbler zu dieser Erkenntnis: "Diese Shows haben eine Entsprechung im alltäglichen Leben der Zuschauer. Das sind Schüler, Lehrlinge, Studenten, die eine ähnliche Ohnmacht fühlen. Man wird geprüft, muss sich bewerben, weiß nicht genau, was von einem verlangt wird, will aber gefallen." Diese Sendungen seien "Schulen für Konformismus und Gehorsam". Dies tue einer Gesellschaft vor diesem Hintergrund nicht gut.

Doch nicht nur Castingshows und ihre Juroren werden in der Studie "Hohle Idole" stark kritisiert. Gäbler wirft Fernsehblondine Daniela Katzenberger vor, sie täusche in ihrer Sendung das Publikum. Vor laufender Kamera plaudert sie in "Natürlich blond" über scheinbar intime und private Details. Was viele Zuschauer laut Studie nicht wissen: Die Aufnahmen sind inszeniert. Für ihre Sendung wird Katzenberger in vermeinlichen Alltagssituationen gezeigt, die sie dann selbst kommentiert. Viele Fernsehzuschauer empfänden diese "künstliche TV-Figur als besonders ‚echt’". Außerdem trage sie mit ihrer Sendung zur Illusion bei, man könne berühmt werden, indem man einfach nur in den Medien existiere. "Als Vorbild ist das problematisch", betont Gäbler in der "F.A.Z.".

Sein wichtiger als Schein

Die Gefahr der Sendungen besteht laut Studie darin, ein falsches Bild von der Leistungsgesellschaft zu zeichnen. "Nicht derjenige ist am produktivsten, der es vor allem darauf anlegt, andere auszustechen", warnt Gäbler. "Tatsächlich bleibt das Sein wichtiger als der Schein, sind Wissen und Können auch in einer googelnden Gesellschaft nicht obsolet geworden." Für gute Arbeit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt blieben Kooperation, Solidarität und Gerechtigkeit weiterhin wichtige Werte. (pro)

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