Streitgespräch: Christliche Werte in der Politik

H a m b u r g (KEP) - Sind Christen bessere Politiker? Über diese Frage diskutieren Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und der italienische Kulturminister Rocco Buttiglione in der aktuellen Ausgabe der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit". Buttiglione musste im vergangenen Oktober seine Kandidatur für das Amt des EU-Kommisars wegen massiver Kritik an seiner Aussage "Homosexualität ist Sünde" niederlegen. Er gilt als engagierter Christ.
Von PRO

Themen des Streitgespräches zwischen den beiden katholischen Politikern waren sowohl Schwulenehe und Abtreibung, als auch der Irak-Krieg und Amerika als religiöses Vorbild. Obwohl sich beide Politiker als gläubige Katholiken bezeichnen, differieren ihre Ansichten bezüglich der Grundwerte der europäischen Politik stark. Während Thierse Religion vornehmlich als Privatsache definiert, betont Buttiglione, dass der Glaube eines Menschen, als Teil seiner Persönlichkeit, sämtliche Lebensbereiche beeinflusst. Somit müssten politische Entscheidungen stets mit dem christlichen Glauben abgestimmt werden.

Buttiglione: „Politik der USA als Vorbild für Europa“

Der italienische Kulturminister, der im vergangenen Jahr wegen seiner vertretenen Glaubensüberzeugung regelrecht diskriminiert wurde, sieht in der Politik der USA ein Vorbild für die europäische Politik. Nicht nur der amtierende Präsident George W. Bush sei Christ, sondern „auch Präsident Clinton hat sich immer als Christ bekannt“. Seit 20 Jahren seien daher Familienwerte das Topthema der amerikanischen Politik. Solche Werte sollten auch für Europa von großer Bedeutung sein. „Entweder, wir besinnen uns auf unsere grundlegenden Werte, oder Europa wird absterben,“ warnt Buttiglione.

Bundestagspräsident Thierse sieht in der amerikanischen Politik alles andere als ein Vorbild. Er sieht im „religiösen Fundamentalismus“ der USA die Ursache für den Irak-Krieg. Solch ein Fundamentalismus sehe er mit Beunruhigung. „Die USA sind hierfür ein Beispiel. Der Islamismus ist ein anderes.“

Zum Thema Abtreibung bezieht Buttiglione erneut klar Stellung: „Ich kann Frauen im Dialog begleiten, ja, aber mitwirken, dass heißt einen Schein ausstellen, um die Abtreibung zu ermöglichen, nein.“ Thierse hingegen sieht es als falsch an, das Abtreibunsverbot der katholischen Kirche in die Politik zu übernehmen. In einem Abtreibungsverbot verstecke sich „die ernsthafte Frage nach dem Respekt vor der Freiheit der Person und ihrer Entscheidung.“

Homosexualität – „Sünde“ oder „sexuelle Neigung“

Auch in der Frage nach der politischen Beurteilung von Homosexualität differieren die Politiker. Thierse unterstützt klar die Akzeptanz von Homosexuellen und deren Heirats- und Adoptivrecht. „Für mich ist Homosexualität eine der Variationen der menschlichen Natur. Ich weiß nicht, warum katholische Naturrechtler das nicht begreifen wollen.“ Die katholische Inakzeptanz gegenüber dieser „sexuellen Neigung“ sei durch „Angst vor der Verschiedenheit, Angst vor der Sexualität“ geprägt.

Buttiglione lehnt Thierses Ansicht ab und definiert, wie schon zu seiner Zeit als EU-Kommisar-Kandidat, Homosexualität als Sünde. „Die Menschen wollen heute nicht mehr mit der Sünde rechnen. Dass die Kirche irgendwas als sündhaft bezeichnet, wird als unakzeptabel betrachtet.“ Somit sei es auch falsch, homosexuellen Paaren das Adoptivrecht zuzusprechen. „Ein Kind braucht, um aufzuwachsen, einen Vater und eine Mutter. Das sind zwei ganz klar unterschiedliche sexuelle Rollen, die ihm helfen, seine Persönlichkeit zu entwicklen“.

Zum Wahrheitsanspruch des christlichen Glaubens sagt Buttiglione: „Es gibt immer nur eine Wahrheit, keine Pluralitäten der Warheiten. Wenn der Messias zurück kommt und uns sagt: ‚Grüß Gott, es freut mich, euch kennen zu lernen‘, dann hatten die Juden Recht. Wenn er kommt und sagt: ‚Ich bin froh, wiedergekommen zu sein‘, dann hatten die Christen Recht. Wichtig ist, dass wir auf ihn warten.“

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