Streiten sich ein Kabarettist und ein Physiker über Gott…

Für den Physiker Walter Thirring zeigt die ausgeklügelte Beschaffenheit des Universums, dass Gott alles erschaffen haben muss. Den Kabarettisten Günther Paal hingegen kann er mit diesem Argument nicht überzeugen. Die beiden Österreicher waren der Einladung der Wochenzeitung "Die Zeit" gefolgt und diskutierten gemeinsam über den Glauben an Gott.
Von PRO
Der 84-jährige Physiker Thirring, der in den 1950er Jahren Albert Einstein traf, ist überzeugt: "Wenn wir uns die Naturgesetze näher ansehen, dann erkennen wir, dass sie ungeheuer raffiniert gemacht sind. Wenn nur eine Kleinigkeit anders wäre, dann würde nichts mehr funktionieren. Es schaut also so aus, als ob eine gewisse Intelligenz dahinterstecken würde."

Thirring stellt fest, dass der Begriff "Intelligent Design" inzwischen ein wenig "diskreditiert" sei. "Aber dass die Naturgesetze etwas mit Intelligenz zu tun haben, ist daran ersichtlich, dass sie in der Sprache der Mathematik formuliert sind, und zwar nicht der numerischen Mathematik, sondern der abstrakten. Wer immer das konzipiert hat, muss ein gewisses Maß an Intelligenz besessen haben."

Der österreichische Kabarettist und Atheist Günther Paal, der sich auf Einladung der "Zeit" mit Thirring auf eine Diskussion unter der Überschrift "Gibt es Gott? Und wo, bitte?" einließ, findet es hingegen wenig überraschend, dass die Naturgesetze genau so abgestimmt sind, dass die Menschen in diesem Universum leben können. Andernfalls würden sie ja nicht darin leben. "Das ist in etwa so überraschend, wie dass ein Fluss genau bis zum Ufer geht", so Paal, der als "Gunkl" bekannt wurde.

Kein Grund zur Dankbarkeit

Paal gibt zu Verstehen: "Aber selbst wenn Gott das Universum geschaffen hätte, leitet sich daraus nicht zwingend ab, dass er das für uns oder aus irgendeinem anderen Grund gemacht hat. Die Kuh kackt ja auch nicht ins Gras, damit der Skarabäus-Käfer seine Jungen großziehen kann, sondern das passiert einfach." Für ihn führe der Gedanke, dass das Universum erschaffen worden sei, nicht zu Dankbarkeit einem Schöpfer gegenüber. Der Kabarettist ist überzeugt: "Wir basteln uns die Götter immer so, wie wir sie gerade erfinden können."

Der Physiker Thirring möchte die christliche Lehre so in einem Satz zusammenfassen: "Wir sind alle Kinder des einen himmlischen Vaters und sind angehalten, seinen Willen zu erfüllen." Das "wissenschaftliche Pendant" dazu sei: "Wir sind alle das Produkt ein und derselben Evolution und tragen in uns das Bestreben, für Nachkommen zu sorgen, damit die Evolution weitergehen kann." Das seien zwei Statements, "die in die gleiche Richtung wirken".

Paal erwidert: "Aber nur, wenn man der Evolution einen eigenen Willen unterstellt. Doch Evolution passiert immer, und das, was funktioniert, bleibt." Doch die Evolution könne sich nichts einfallen lassen. Paal stellt fest: "An jemanden mit Gründen kann ich mich wenden. Aber man kann sich nicht an die Natur wenden. Das zur Kenntnis zu nehmen oder nicht ist die Antwort auf die Frage, ob man religiös ist oder nicht." (pro)
http://www.zeit.de/2012/15/A-Interview-Thirring/komplettansicht
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