Streit um preisgekröntes Computerspiel

Als "Ballerspiel" gebrandmarkt, nun mit dem Deutschen Computerspielpreis ausgezeichnet: Der Ego-Shooter "Crysis 2" hat einen Streit in der Politik um die Auszeichnungskriterien von Computerspielen ausgelöst.
Von PRO

"Sogenannte Ballerspiele dürfen nicht honoriert werden, auch wenn sie technisch noch so ausgereift sind", sagte Wolfgang Börnsen im Vorfeld der Preisverleihung am Donnerstag. Der medienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion warf der Jury des Deutschen Computerspielpreises vor, den pädagogischen Gehalt von Artikel 1 des Grundgesetzes ("Die Würde des Menschen ist unantastbar") zu ignorieren.

Grundlage des Preises sei ein Bundestagsbeschluss von 2007, wonach der Inhalt eines Spiels höher zu bewerten sei als seine technische Finesse, begründete Börnsen seine Kritik. Bei der Nominierung von "Crysis 2" seien jedoch technische Aspekte ausschlaggebend gewesen. Die Jury ließ sich von der Kritik jedoch nicht beeindrucken und zeichnete "Crysis 2" als "Bestes deutsches Computerspiel" aus.

Der ab 18 Jahren freigegebene Ego-Shooter stammt vom deutschen Entwickler "Crytek" und kam im März 2011 auf den Markt. Es handelt sich um den zweiten Teil einer Trilogie, dessen Handlung in New York spielt. In dem Spiel steht die Menschheit nach mehreren Klimakatastrophen kurz vor dem Zusammenbruch. Der Spieler schlüpft in die Rolle des Soldaten Alcatraz, der gegen eine Armee von Söldnern und gegen eine Invasion von Außerirdischen ankämpft.

Deutsche Parteien weisen Kritik zurück

Der Spieleanbieter "Electronic Arts", der "Crysis 2" vertreibt, wies die Kritik Börnsens zurück. Ebenso wie bei anderen Medien wie Buch oder Film gebrauchten Spieleentwickler unterschiedliche Stilmittel, um Emotionen zu wecken. Spiele seien eine moderne Art, Geschichten zu erzählen. "Wie alle anderen Medien greifen Computer- und Videospiele auf, was sich in der Welt ereignet. Sie sind ein Spiegel unserer Gesellschaft", hieß es bei "Electronic Arts".

Auch andere Parteien verteidigten die Auszeichnung. Malte Spitz, Mitglied im Bundesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen, sagte mit Verweis auf die Kunstfreiheit, dass Jugendschutz nicht das einzige Kriterium für den Preis sei. Siegmund Ehrmann, Sprecher der Arbeitsgruppe Kultur und Medien der SPD-Fraktion, äußerte sich ähnlich. Wichtig sei, "dass es sich um die Entscheidung einer unabhängigen Jury handelt, die auch kontroverse Entscheidungen treffen kann".

Neumann: Kriterien für Preisvergabe überdenken

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) schlug sich auf die Seite Börnsens. In seiner Rede zur Preisverleihung am Donnerstagabend sagte er, es sei zu überlegen, "ob weiterhin auch Spiele prämiert werden können, die nur für Erwachsene zugelassen sind – denn ein Spiel, das aufgrund von Gewaltdarstellungen nicht für Jugendliche geeignet und deshalb nur für Erwachsene zugelassen ist, kann schwerlich ‚kulturell und pädagogisch wertvoll‘ sein".

Der Deutsche Computerspielpreis geht auf eine Initiative des Bundestages im Jahr 2008 zurück und wurde 2009 erstmals verliehen. Ziel ist es, deutsche Hersteller von pädagogisch wertvollen und qualitativ hochwertigen Spielen zu fördern. Ausrichter sind der Kulturstaatsminister, der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) und der Bundesverband der Computerspielindustrie (G.A.M.E.). In diesem Jahr waren 21 Spiele in sieben Kategorien nominiert. (pro)

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