„Stern“-Titelstory: Frauen gegen Scharia

Hundert Peitschenhiebe für vorehelichen Geschlechtsverkehr, die Ehe mit 13-jährigen Mädchen oder das Einsperren von Frauen im Haus - die radikale Umsetzung des islamischen Rechts der Scharia hat viele Gesichter. Das Magazin "Stern" berichtet darüber in seiner aktuellen Titelgeschichte ebenso wie über den zunehmenden Widerstand.
Von PRO

"Burka, Zwangsheirat, Peitschenhiebe, Steinigung – Frauen im Islam sind archaischen Zwängen und Strafen ausgesetzt. Doch der Widerstand wächst." So leiten Cornelia Fuchs und Steffen Gassel ihre "Stern"-Titelgeschichte ein. Ihr Artikel zeigt Fotos von Auspeitschungen und Hinrichtungen von Frauen, etwa weil sie vorehelichen Sex hatten. Und immer wieder zitieren sie den Koran, der dies offenbar vorschreibt. Peitschenhiebe für "Unzucht" etwa verlangt das heilige Buch des Islam in Sure 24:2. In Sure 3:34 heißt es: "Die Männer stehen über den Frauen, weil Allah die einen vor den anderen ausgezeichnet hat." Und Sure 33:33 verlangt, dass Frauen eigentlich zu Hause bleiben sollten.

Die Taliban-Herrschaft in Afghanistan kennt keine Gnade, wenn es um Vergehen von Frauen geht. Ein 17-jähriges Mädchen etwa wurde ausgepeitscht, nur weil sie sich im Haus allein mit einem Mann aufgehalten hatte, der nicht zur Familie gehörte. "Es war ein Nachbar, der im Dorf als Elektriker fungierte und gekommen war, um etwas zu reparieren", schreibt der "Stern". Später zwang man das Mädchen, den Elektriker zu heiraten.

Das Magazin berichtet ebenso von einem 13-jährigen Mädchen, das sich in einer Hochzeitsnacht dagegen wehrte, mit ihrem erwachsenen Mann zu schlafen. Das Mädchen bekam Verletzungen an der Vagina, war danach kaum mehr bei Bewusstsein und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Schließlich erlag sie inneren Verletzungen. Scheich Mohammed Hamsi von der islamistischen Islah-Partei im Jemen erklärte: Wer verlange, das Mindestalter von Bräuten auf 17 anzuheben, werde "vom Westen bezahlt, damit wir an die westliche Kultur glauben. Aber unsere Kultur ist anders".

Frauen: Menschen zweiter Klasse?

"Ausgepeitschte Sünderinnen, zerbombte Mädchenschulen, misshandelte Kindsbräute: Immer wieder schockieren solchen Meldungen aus muslimischen Ländern die Welt", schreiben Fuchs und Gassel. "Von Kairo bis Kuala Lumpur, von Kabul bis Khartum, so scheint es, liefert die Scharia, die Gesetzesordnung des Islam, die Grundlage für ein Gesellschaftssystem, in dem Frauen stets damit rechnen müssen, als Menschen zweiter Klasse zu leiden."

Doch es regt sich immer mehr Widerstand, und der sucht sich auch und gerade über die Medien seinen Weg. Die Filmemacherin Samar Minallah etwa brachte nach Protesten Tausender den Sprecher der Taliban im Fernsehen in Erklärungsnot.  "Was für eine Religion ist das, in deren Namen ihr glaubt, Recht zu sprechen?" , fragte die mutige Journalistin. Der "Stern": "Die Botschaft war klar, und Millionen Pakistaner teilten sie: Was ihr da macht, das hat mit unserem Islam nichts zu tun."

Minallah kämpft seit Jahren gegen frauenfeindliche Kleriker oder gegen das Halten von Frauen als Sexsklavinnen, moralisch gedeckt durch die Scharia. "Samar Minallah ist mit diesem Ansatz nicht allein. Überall erheben neuerdings Frauen ihre Stimme, mutige Musliminnen, die sich nicht mehr von Männern vorschreiben lassen wollen, wie ein Frauenleben im Einklang mit dem Isam auszusehen hat." Sie lehnen den Verweis auf Koranverse als Begründung für die Untaten ab, sie verlangen nach eigener Bildung und nach weiteren Rechten, die islamischen Männern zustehen, etwa, das Haus zu verlassen, wenn sie es wollen.

Der "Stern" berichtet von einer Bloggerin, die in einem Vorort von Kairo wohnt. Ithar al-Katatney ist 22 Jahre alt, arbeitet beim Fernsehen und berichtet offen über Sexualität und Feminismus im Islam. Sie sei die "Speerspitze einer neuen Generation, die sich ihre Gedanken nicht mehr vorschreiben lässt, nicht in der Religion und nicht in der Politik". Dabei ist sie dem Islam keineswegs abgeneigt. Im Gegenteil, nach dem eigenen Studium des Koran sei ihr klar geworden, "worauf es tatsächlich ankommt in ihrem Glauben".

Der Korangelehrte Abu Zaid stellt im Magazin fest: "Die Reformkraft des Korans ist immer wieder an die Grenzen dessen gestoßen, was unter Muslimen durchsetzbar war." Religion, Kultur und Politik seien untrennbar verbunden. (pro)

Mit dem Thema Frauenrechte im Islam und Gesetze gegen die Burka in Europa beschäftigt sich auch die aktuelle Ausgabe des Christlichen Medienmagazins pro (3/2010): "Überfälliger Widerstand". Jetzt kostenlos und unverbindlich bestellen: Telefon (06441) 915 151, E-Mail: info@pro-medienmagazin.de.

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