Steinmeier: „Kirche soll sich einmischen!“

Hochrangige Politiker haben sich in einer Publikation der "Hanns-Lilje-Stiftung" für eine Einmischung der Kirche in die Politik ausgesprochen. Für SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier müssen Christen jenen eine Stimme geben, die sonst niemand hört – auch in der politischen Debatte.

Von PRO

Steinmeier plädiert für ein Einmischen der Kirche in den politischen Diskurs. "Kirche ist fest in der Gesellschaft verankert, nah bei den Menschen. Was sie sagt, kann niemand leicht überhören. Und deshalb spricht sie auch für diejenigen, die allein nicht gehört würden", schreibt er. Einzigartig mache die Kirchen die christliche Botschaft, "eine Kraft der Veränderung". Weiter erklärt er: "Sie macht Menschen frei von unwürdigen Zwängen, sie stiftet Solidarität. Ich halte nichts davon, Politik mit der Bibel in der Hand zu machen. Aber mein Glaube gibt mir Zuversicht für mein Handeln. Durch ihn weiß ich, dass ich nicht die ganze Welt retten muss und doch die nötigen Schritte wagen kann, um meine Ideen zu verwirklichen." Steinmeier ist auch Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages.

Beckstein: Kirche hat "Wächteramt"

Günther Beckstein, CSU-Politiker, ehemaliger bayerischer Ministerpräsident und Vizepräses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), findet, die Kirche habe ein "Wächteramt" in der Gesellschaft. Dabei gehe es um das Engagement für den Frieden, die Bewahrung der Schöpfung, bioethische Fragen oder den Einsatz für eine humane und solidarische Gesellschaft, in der die Würde des Menschen das oberste Gut ist. Es bedeute aber nicht automatisch, dass sich die Kirche auch in die politische Debatte einmischen müsse. "Ich kann es beim besten Willen nicht verstehen, wenn sich die Kirche zu einer Steuerreform äußert. Oder wenn sie sich dezidiert gegen die Kernenergie ausspricht", schreibt Beckstein. Der Staat habe sich nicht der Kirche zu bemächtigen, sondern als Garant der Freiheit der Religion und des Glaubens aufzutreten. Und umgekehrt vergesse eine Kirche, die sich in den Bereich der weltlichen Macht begebe, ihre geistlichen Anliegen.

Kirchen können Antworten auf Fragen anbieten, die ein weltanschaulich neutraler Staat nicht geben kann, findet David McAllister (CDU), Ministerpräsident des Landes Niedersachsen. "Aus dem christlichen Glauben und Menschenbild ergeben sich überzeugende Haltungen zu allen wesentlichen Fragen unserer Zeit. Die Kirchen sind für mich ein wichtiger Ratgeber in den Kernfragen des Zusammenlebens", schreibt er. Der FDP-Politiker Stefan Birkner ist da zurückhaltender: Die Kirche sei eben kein Lobby- oder Interessenverband. Wenn sie sich dennoch eindeutig auf eine Seite stelle, wie etwa in der Umweltpolitik, begebe sie sich mit Lobbyisten auf eine Stufe. "Ich bezweifele, dass die Zukunft der Kirche in der Politik liegt", schreibt Birkner.

Göring-Eckardt: Kirche muss sich einmischen

Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen), Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und Präses der EKD-Synode, findet hingegen: "Die Kirche darf sich nicht nur in Politik und Gesellschaft einmischen, sie muss es auch unbedingt." Sie könne zu Fragen, die sie angehen, nicht schweigen. "Ansonsten würde Kirche ihren Anspruch aufgeben und anfangen, sich nur noch um sich selbst zu drehen." Ein zentrales politisches Kirchenthema ist für Göring-Eckardt die Bewahrung der Schöpfung.

Die "Hanns-Lilje-Stiftung" wurde 1989 von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers gegründet und nach dem früheren Landesbischof Hanns Lilje (1899-1977) benannt. Ihr Ziel ist es, den Dialog von Kirche und Theologie mit Wissenschaft, Technik, Wirtschaft, Kunst und Politik zu fördern. (pro)

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