In Belgien hat am Wochenende die erste minderjährige Person Sterbehilfe erhalten. Heftige Kritik an der Entscheidung und dem liberalen Gesetz kommt vor allem aus dem Vatikan. Der Bibelbund prangert an, dass die aktive Sterbehilfe in der Öffentlichkeit als Fortschritt bewertet werde.
Hat sich vehement gegen die in Belgien gehandhabte aktive Sterbehilfe gewandt: der Vorsitzende der Katholischen Bischofskonferenz Elio Sgreccia
Der 17-jährige Patient war unheilbar krank und hat in Belgien Sterbehilfe erhalten. Das belgische Sterbehilfe-Gesetz nehme Kindern das Recht auf Leben, sagte der katholische Kardinal Elio Sgreccia gegenüber Radio Vatikan. Die Entscheidung wende sich nicht nur gegen die Empfindungen aller Religionen, sondern auch gegen den menschlichen Instinkt, findet er. Vor allem verletzlichen Minderjährigen müsse „mit Medikamenten und mit moralischem, psychologischem und spirituellem Beistand geholfen werden“.
In Belgien selbst haben vor allem Kirchen und Verbände für Patientenschutz den Schritt kritisiert. Sie wollen stattdessen mehr Geld in die Palliativmedizin investieren. Für Carine Brochier vom Europäischen Institut für Bioethik in Brüssel sei dies die „gute, menschenwürdige Antwort“. Die Italienische Bischofskonferenz verurteilt den ersten Fall dieser Art als „Signal des Todes“. Das Leben sei „heilig und muss immer angenommen werden“, sagte der Vorsitzende, Kardinal Angelo Bagnasco. Er rief Gläubige und Ungläubige auf, dem Leben durch ihr konkretes Zeugnis einen unantastbaren Wert zu geben.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte eine Reaktion der europäischen Institutionen. Belgien habe die menschenrechtlichen Standards der EU verlassen. „Die Tötung auf Verlangen von Kindern hat nichts mit würdigem Sterben zu tun“, findet deren Vorstandsvorsitzender, Eugen Brysch. Zudem sei sie „offenbar kein Aufreger mitten in Europa“.
„Entscheidung steht alleine Gott zu“
Die Selbstbestimmung des Patienten erweist sich für den Vorsitzenden des Bibelbundes, Michael Kotsch, sehr häufig als bloße Farce: „Suggerieren ihm Werbung, Medien und Angehörige, dass eine lebenswerte Existenz vor allem in Freizeit, Vergnügungen, Gesundheit und Konsum besteht, dann wird der Schwerkranke sich als überflüssig und sinnlos wahrnehmen; allerdings nicht weil er das wirklich so sieht, sondern weil ihn seine Umwelt dahingehend konditioniert hat“, schreibt er in einer Pressemitteilung. Viele Sterbende würden verschiedene Phasen durchlaufen, in denen der Todeswunsch auch nur zeitweilig, also nicht endgültig, geäußert werde.
Die Sterbebegleitung eines Menschen sei vor allem dann schwierig, wenn keine Besserung des Zustandes mehr erwartet werden kann: „Trotzdem ist es für Christen klar, dass die Entscheidung über Leben und Tod ganz alleine Gott zusteht. Kein Mensch hat sich für sein Leben entschieden, sondern es als Geschenk Gottes erhalten“, findet Kotsch. Jede als „Sterbehilfe“ deklarierte Tötung untergrabe die nicht verfügbare Menschenwürde. Sie öffne Tür und Tor für eine endlose Diskussion um „wertes“ und „unwertes“ Leben. Statt sogenannte „Sterbehilfe“ zu forcieren, bräuchte es mehr echte „Lebenshilfen“, eben auch in schwerer Krankheit. 2003 seien es 235 gemeldete Fälle, zehn Jahre später lag die Zahl 2013 bereits bei 1.807 Fällen.
In der Europäischen Union entscheidet jedes Mitgliedsland selbst über den Umgang mit Sterbehilfe. Bisher erlauben die Niederlande, Luxemburg und Belgien ausdrücklich die Tötung auf Verlangen. Die passive Sterbehilfe ist in zahlreichen Ländern erlaubt oder wird geduldet – auch in Deutschland. Belgien erlaubt als einziges Land Sterbehilfe für Kinder jeden Alters. In den Niederlanden müssen die Kinder mindestens zwölf Jahre alt sein. Das Kind muss dazu eine rationale Entscheidung getroffen haben und sich im Endstadium einer unheilbaren Krankheit mit unerträglichen und nicht zu lindernden Schmerzen befinden. Ärzte, Psychologen und Eltern müssen die Entscheidung unterstützen. (pro)
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