Staatlich geförderte Pornos? Nein, danke!

Die SPD Berlin fordert Geld aus der Staatskasse für „feministische Pornos“. Vorgeblich, um Jugendlichen realistischere Vorstellungen von Sex zu vermitteln, als das herkömmliche Pornos täten. Einleuchtend ist diese Absicht nicht. Ein Kommentar von Jonathan Steinert
Von Jonathan Steinert
Jugendliche sollten erfahren, dass Sex etwas mit Hingabe und Vertrauen zu tun hat

Bessere Pornos zur sexuellen Aufklärung! So ließe sich ein Antrag zusammenfassen, den die Jusos auf dem Parteitag der Berliner SPD eingebracht haben und dem die Sozialdemokraten der Hauptstadt mehrheitlich zustimmten. Konkret fordert die SPD damit, die Produktion von „feministischen Pornos“ staatlich zu fördern und sie zum Beispiel in Landes- und Bundeszentralen zur gesundheitlichen Aufklärung einzusetzen. Sie sollen den Sexualkundeunterricht ergänzen und auch in den Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender bereitstehen.

Vorbild ist die schwedische Sex-Kurzfilmsammlung „Dirty Diaries“, die 2009 von der Schwedischen Filmförderung finanziert wurde, die ihr Geld wiederum hauptsächlich aus der Staatskasse bekommt. Was mit „feministischen Pornos“ gemeint ist, dafür führen die Jusos verschiedene Kriterien an. So müssen diese Filme zum Beispiel die „Vielfalt an Körperformen, Geschlechtern, ethnischer Herkunft, Sexualität und Sexualpraktiken“ abbilden oder realistisch die Lust aller Beteiligter sowie Konsens und Kommunikation darstellen. Außerdem müssen bei der Produktion gerechte Arbeitsbedingungen vorherrschen.

Sex hat bestenfalls mit Hingabe und Vertrauen zu tun

Damit wollen die Jusos nach eigenen Angaben Pornos fördern, die anders sind als „Mainstream-Pornos“, die Sex als Performance darstellen, Frauen herabwürdigen und mit sexistischen und rassistischen Stereotypen arbeiten oder bestimmte ideale Körperformen propagieren. „Jugendliche starten damit viel zu oft mit völlig unrealistischen Vorstellungen in ihr Sexualleben und haben nicht die Möglichkeit ein selbstbewusstes Verhältnis zu sich, ihrem Körper, ihrer Sexualität und Gesundheit zu entwickeln.“

Mit dieser Beobachtung haben die Sozialdemokraten zweifellos recht. Ihr Anliegen erscheint daher nachvollziehbar und löblich. Filme, die einvernehmlichen, lustvollen oder ganz unspektakulären Sex zeigen, sind allemal besser als welche, in denen Menschen zum Objekt erniedrigt werden. Aber gehört es wirklich zur Aufgabe des Staates und des öffentlich-rechtlichen Rundunks, Sexfilme zu fördern? Dass deswegen weniger „Mainstream-Pornos“ geschaut würden, darf bezweifelt werden. Das Argument, „feministische Pornos“ dienten der gesundheitlichen und sexuellen Aufklärung, leuchtet nicht ein. Klar, sie sollen ein anderes Rollenbild vermitteln. Aber hilft es einem Jugendlichen wirklich, seine Sexualität zu entwickeln, wenn er dabei zusieht, wie Männer und Frauen sich masturbieren oder in unterschiedlichen Konstellationen gegenseitig auf die verschiedensten Weisen befriedigen und penetrieren?

Das Etikett „feministischer Porno“ bedeutet nicht, dass Geschlechtsverkehr darin realistischer ist als in anderen Pornos. Auch Filme dieses Genres werden dem Zuschauer bestimmte Bilder und Vorstellungen präsentieren, die mit dem eigenen Erleben möglicherweise kaum etwas zu tun haben. Im Grunde dienen Sexfilme jeder Art in erster Linie dazu, den eigenen Voyeurismus und die eigene Lust zu befriedigen. Dafür sollte der Staat kein Geld ausgeben! Sexuelle Aufklärung sollte Jugendlichen außer dem biologischen Wissen vor allem vermitteln, dass Sex im besten Fall etwas mit Emotionen, Hingabe und Vertrauen zwischen den Partnern zu tun hat. Das geht weit über „Konsens und Kommunikation“, ein Kriterium für „feministische Pornos“, hinaus.

Minderjährige dürfen nicht ohen weiteres an Sexfilme kommen

Aber das ist der SPD offensichtlich nicht wichtig. Ihr geht es darum, Jugendliche – und andere Zuschauer – mit Sex in allen Varianten bekanntzumachen, Hauptsache die Sexpartner und Darsteller sind gleichberechtigt. Tatsächlich erscheint dieses Vorhaben eher wie ein weiterer Schritt, Sexualität und Intimität aus dem Bereich des Privaten herauszulösen, Grenzen natürlicher Scham niederzureißen. Bemerkenswert ist in dem Zusammenhang die Forderung, die Altersfreigabe für Pornografie zu überprüfen und gegebenenfalls herunterzusetzen. Explizite Sexdarstellungen können auf junge Menschen aber auch verstörend wirken. Deshalb haben Altersfreigaben bei Filmen mit solchen Inhalten einen guten Sinn.

Was ist nun von dem SPD-Beschluss weiter zu erwarten? Werden zukünftig Pornos mit Steuern oder Rundfunkbeitrag finanziert? Immerhin geht mit dem Antrag ein Appell an die SPD-Fraktionen im Bundestag und in den Landesparlamenten, „entsprechend tätig zu werden“. Wie und ob der Beschluss politisch umgesetzt wird, darüber lässt sich erst einmal nur spekulieren. Denn da haben außer den anderen Parteien auch Prüfgremien und Jugendmedienschutz ein Wort mitzureden. Angebote mit pornografischen Inhalten, also direkt gezeigtem Sex, sind laut Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, §4 Abs. 2, nicht zulässig und dürfen Minderjährigen nicht ohne weiteres zugänglich gemacht werden. Allerdings können solche Regeln im konkreten Fall enger oder weiter ausgelegt werden. Manche Altersfreigaben sind schon bei „normalen“ Spielfilmen mit Sexszenen mitunter fragwürdig. Pornos aber auch noch staatlich zu finanzieren und zur sexuellen Aufklärung einzusetzen – nein, danke!

Von: Jonathan Steinert

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