Staatlich geförderte Integration – jetzt auch an Hochschulen



Die Würfel sind gefallen: Die Universitäten Tübingen, Münster und Osnabrück erhalten staatliche Förderungen für islamwissenschaftliche Studiengänge. Die entsprechende Entscheidung des Auswahlgremiums teilte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) am Donnerstag in Berlin mit. Dadurch können muslimische Geistliche für Deutschland komplett an staatlichen Hochschulen ausgebildet werden.


Von PRO

Um die Fördermittel hatten sich fünf Universitäten beworben: Die
Universität Erlangen habe bei der nächsten Auswahlrunde im März eine
Chance, sagte Schavan. Das Konzept der Uni Marburg-Gießen habe die Jury
nicht überzeugt. Bisher wurde in Deutschland nur ein kleiner Teil der
islamischen Religionslehrer ausgebildet – Vorreiter ist Münster.



Die Hochschulen von Münster und Osnabrück müssen nach den Worten der Ministerin vorher noch ein gemeinsames kooperatives Konzept entwickeln, um die Zuschüsse tatsächlich zu erhalten. Der Osnabrücker Universitäts-Sprecher Utz Lederbogen formulierte das Ziel, ab 2012 einen Bachelor-Studiengang islamische Theologie anzubieten. In Tübingen sollen sich schon im Wintersemester 2011 erste Studenten immatrikulieren können.


In der vergangenen Woche hatte Baden-Württembergs Landesregierung, noch ohne Zusage einer staatlichen Unterstützung, grünes Licht für den Aufbau eines Fachbereichs für islamische Studien gegeben. Der Bund will die Standorte, laut "Zeit online", mit jeweils bis zu vier Millionen Euro für bis zu fünf Jahre fördern, wobei der Doppelstandort Münster und Osnabrück eine größere Förderung erwarten dürfte. Darüber hinaus muss das jeweilige Bundesland, in dem sich die Universität befindet, ein Drittel der Kosten für das Islam-Zentrum übernehmen. Nach Ablauf der fünfjährigen Frist würden die Ergebnisse bewertet, sagte Schavan.



Wichtige Facette für die Integration


"Da wo einer Religion die Chance gegeben wird, eine Theologie zu entwickeln, tut es auch dieser Religion gut", wird Schavan, die selbst katholische Theologie studiert hat, von der Nachrichtenagentur dpa zitiert. Theologie kläre auf. Insofern sei der Schritt letztlich auch eine wichtige Facette für die Integration. Schavan betonte, die Grundsatzentscheidungen für islamischen Religionsunterricht seien unter anderem in der Islam-Konferenz längst gefallen.

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"Wir wollen den islamischen Religionsunterricht in möglichst vielen Schulen in Deutschland." Deswegen sei es nur folgerichtig, nun auch die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Imame könnten ihrerseits Brückenbauer zwischen ihren Moscheengemeinden und den jeweiligen Kommunen sein. "An den Universitäten kann sich eine historisch-kritische Methode im Umgang mit dem Koran entwickeln", so die Politikerin.

Noch vor der Entscheidung für die Standorte der Islam-Zentren hatte die islamische Theologin Hamideh Mohagheghi von der Universität Paderborn eine strenge Auswahl der Lehrkräfte gefordert: "Es ist wichtig, dass sie Offenheit gegenüber anderen Religionen zeigen. Sie müssen bereit sein, die Prinzipien der freien Forschung umzusetzen", sagte die Theologin dpa. Wer an einem islamischen Zentrum lehren wolle, müsse sich "an den Bedürfnissen und der Lebenswirklichkeit der Muslime in Deutschland orientieren".



Transparenz entscheidend

Die staatliche Unterstützung sei ein integrationspolitisches "Zeichen, dass Muslime in Deutschland angekommen sind, dass sie dauerhaft zu einem Teil der Gesellschaft geworden sind", so die 55-Jährige, die seit Mai Mitglied der Deutschen Islamkonferenz ist. Um möglichen Vorbehalten gegen die Islam-Zentren zu begegnen, hält Mohagheghi Transparenz für entscheidend. "Es muss nachvollziehbar sein, wie Imame an den Einrichtungen fortgebildet werden."


Wie "Zeit online" berichtet, sollen am Fachbereich für Islamische Studien an der Uni Tübingen künftig sechs Professoren Vorbeter für Moscheen, Pädagogen und Sozialarbeiter unterrichten. Bislang kämen auch in Deutschland tätige Imame meist aus der Türkei, sprächen kein Deutsch und würden die westeuropäische Kultur kaum kennen. (pro)

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