Mit Imagetipps und einer gehörigen Portion Bibelhistorie begann die Veranstaltung am Dienstag. "Jesus – Fakt oder Fiktion?" lautete das Thema, zu dem der Theologe Roland Werner referierte. "Der Glaube an Jesus lässt sich nicht nur rein emotional verstehen. Es gibt geschichtliche Fakten, die für seine Existenz und sein Wirken sprechen", so seine These. Kein anderes Buch der Antike sei so stark bezeugt wie das Neue Testament, von dem mehr als 4000 frühe Abschriften allein in griechischer Sprache existierten. Zudem gebe es auch außerhalb des Neuen Testaments eine Reihe von historischen Quellen, die auf Jesus verwiesen. Die Quellenlage zu Jesus von Nazareth sei besser als zu Cäsar – an dessen Existenz wohl niemand zweifle. Schmink- und Kleidungstipps gab es in zwei weiteren Seminaren des Gemeinde-Ferien-Festivals am Dienstagnachmittag. Unsicherheiten in Bezug auf geltende Umgangsformen sollte ein Seminar der Diplom-Image-Beraterin Evelin Bischoff ausräumen.
Eine Gesellschaft, die keinen Standpunkt mehr hat
Rund 100 Besucher lauschten dem Liedermacher Arno Backhaus bei der Lesung aus seinem Buch "Ach du Schreck! ADS. Vom Chaoskind zum Lebenskünstler". Als Kind war er selbst von dem sogenannten "Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom" betroffen. Heute engagiert er sich stark im kirchlichen, sozialen und kreativen Bereich und hat gelernt, seine Hyperaktivität zu kanalisieren und für andere einzusetzen. "Meine Motivation ist, Mut zu machen, egal wie die Geschichte eines Kindes oder eines Jugendlichen aussieht. ADS bringt oft ganz besondere Gaben mit sich". Im Seminar "Spannende Zeiten – Christsein im 3. Jahrtausend" widmete sich Siegfried Winkler, Pastor der Evangelischen Gemeinschaft in München, der Postmoderne: Von "Patchwork-Glaube" bis "Erlebnissucht". "Trends, die uns heute begegnen haben seelsorgerische und missionarische Dimensionen", sagte er. "Diese helfen uns, zu erkennen, wie wir unseren Glauben heute leben und an unsere Zeitgenossen weitergeben können." Weiter sagte er: "Christen können eine bleibende Orientierung geben in einer Gesellschaft, die keinen Standpunkt mehr hat."
Der Religionssoziologe, Theologe und Autor Thomas Schirrmacher hielt ein Seminar zum Thema "Fundamentalismus". "Für viele ist es schon Fundamentalismus, wenn man die Bibel für richtig hält", sagte er. Dabei hätten doch die meisten Menschen eine Art Wahrheitsanspruch in ihrer Sichtweise – auch wenn das manchmal nicht so offen zugegeben werde. "Erst wenn die absolute Wahrheit mit einem undemokratischen Herrschaftsanspruch verbunden wird, der Gewalt zur Durchsetzung seiner Ziele als legitim erachtet, trifft diese Begriffswahl zu."
Evangelikale: Keine Fundamentalisten
Schirrmacher erklärte, warum Evangelikale nicht dem Lager der Fundamentalisten zugerechnet werden dürften: Zunächst handele es sich bei den Evangelikalen um circa 500 Millionen Menschen, also rund ein Sechstel der Weltbevölkerung: "Unvorstellbar, wenn diese gewaltbereit wäre". Weiterhin seien Evangelikale große Befürworter der Trennung von Kirche und Staat und nicht – wie manchmal unterstellt – beseelt von dem Wunsch nach einem christlichen Gottesstaat: "Wo die Kindstaufe vermieden wird, um den Menschen eine freie Entscheidung zu ermöglichen, ist das Vorschreiben der eigenen Weltanschauung für andere undenkbar." Die demokratische Grundhaltung der evangelikalen Kirchen wiederspreche den Grundsätzen des Fundamentalismus. Pastoren würden hier gewählt und abgesetzt, erklärte Schirrmacher. Zwar sei die Bibel für Evangelikale der höchste Maßstab. Das protestantische Selbstverständnis betone jedoch das Selbststudium der Bibel und warne davor, vorgefertigte Meinungen zu übernehmen: "Bei den vielen Debatten, die eine solche Freiheit provoziert, wünschte man sich manchmal fast einen kleinen Papst, der hier Ordnung schafft", sagte Schirrmacher.
"Drei Viertel aller Fälle religiöser Verfolgung betreffen Christen", machte Schirrmacher in einem weiteren Seminar klar. Etwa 200 Millionen Christen seien dabei so schwerer Verfolgung ausgesetzt, dass sie selbst beim Gottesdienstbesuch um ihre Sicherheit fürchten müssten. Zu den Staaten mit der schlimmsten Christenverfolgung gehörten Saudi-Arabien und Nordkorea. In China seien momentan alle Religionen am wachsen, das Christentum sei dort fast schon "in". Schirrmacher, der auch Sprecher für Menschenrechte der Weltweiten Evangelischen Allianz ist, zeigte sich erfreut darüber, dass sich die chinesische Führung religiösen Gruppen gegenüber nachgiebiger zeige als noch vor zehn Jahren. Während Christen bisher vor allem in islamisch und kommunistisch geprägten Staaten verfolgt worden seien, könne man heute auch eine neue Art von Benachteiligung durch den "Pluralismus westlicher Gesellschaften" erkennen. Eine "ungeheuerliche Diskriminierung" von evangelikalen Gruppen sieht er in Deutschland. Viele Medien-Beiträge über so genannte "christliche Fundamentalisten" seien "desinformierend". Schirrmacher riet zur Nüchternheit: Christen sollten diese Tatsache als Chance verstehen, Freunde und Bekannte etwa auf Fernsehbeiträge anzusprechen und positive Erfahrungen aus ihrem Glaubens- und Gemeindeleben weiterzugeben.
Das GemeindeFerienFestival "SPRING" wird in diesem Jahr erstmals im hessischen Willingen veranstaltet. Unter dem Motto "Wesent.licht" bietet das Festival bis Samstag mehr als 400 Veranstaltungen, darunter Gottesdienste, Seminare und Freizeitaktivitäten. Der Kongress mit 3.300 Teilnehmern wird von 450 ehrenamtlichen Helfern ermöglicht. (pro)