Zu Recht wird derzeit immer wieder die aufgeheizte und aggressive Stimmung in der Gesellschaft und im öffentlichen Diskurs beklagt. Jemandem dafür die Schuld zuzuweisen, führt nicht weiter. Jeder muss auf die Wahl seiner Worte achten, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Ein Kommentar von Jonathan Steinert
Von PRO
Foto: Deutscher Bundestag/Achim Melde
Rhetorischer Schlagabtausch unter Politikern ist wünschenswert. Aber andere als „Pack” zu bezeichnen, wie es Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) einst gegenüber Demonstranten tat, ist stil- und respektlos.
Wenn Worte töten könnten, dann hätte sicherlich fast jeder einige Leichen im Keller. Schon der Apostel Jakobus schreibt in seinem biblischen Brief davon, was die Zunge für ein kleiner Körperteil ist und wie sie sich doch so schwer in Zaum halten lässt. Wie „ein kleines Feuer, welch einen Wald zündet‘s an!“. Mit dem, was wir sagen und wie wir das tun, können wir andere Menschen verletzen. Nicht nur in ihrer Seele: Worte können verletzen und töten, wenn daraus Taten werden. „Hasssprache erhöht die Bereitschaft, selbst gewaltbereit zu handeln“, erklärte der Neurologe Joachim Bauer von der Uniklinik Freiburg laut einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur.
Auf die schwerwiegende Bedeutung unserer Sprache hat der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) in dieser Woche in einem Manifest mit dem Titel „Haltung zählt“ hingewiesen. Der Verband sieht durch eine Verrohung der Sprache und der Umgangsformen sogar die Menschenwürde in Gefahr. Die aggressive Stimmung, die sich im Zuge der Flüchtlingsproblematik in den vergangenen Monaten in der Gesellschaft entwickelt hat, beobachten Lehrer schon bei Schülern. Und nicht zuletzt entlädt sich diese in den Kommentarspalten und sozialen Netzwerken im Internet. Die Erzbischöfin der lutherischen Schwedischen Kirche, Antje Jackelén, hat die Plattform Twitter aus diesem Grund jüngst als „Hinrichtungsstätte“ bezeichnet.
Wie die Großen, so die Kleinen
„Deine Sprache verrät dich“, sagte einst eine Frau zu dem Jünger Petrus, als der geleugnet hatte, Jesus zu kennen. Sprache verrät nicht nur die regionale Herkunft, sondern auch das Denken und die Einstellung eines Menschen. Hasskommentare im Internet zu löschen, mag ein gut gemeinter Versuch sein, die aufgeheizte Stimmung in den Griff zu bekommen. Aber letztlich ändert das nichts an der Haltung selbst, die diejenigen an den Tag legen, die sich so äußern.
Die jüngere Generation wird es sich von den Erwachsenen abschauen und -hören. Wenn die „Großen“ über Flüchtlinge, AfD-Wähler, Lehrer, Politiker oder auch über den unbeliebten Nachbarn herziehen, fühlen sich die Kinder doch geradezu legitimiert, sich genauso zu äußern. Und möglicherweise bleibt es auf dem Schulhof oder Spielplatz nicht bei Worten. Wenn Erwachsene Angst und Ablehnung gegenüber bestimmten Menschen schüren, lernen Kinder statt Achtung und Wertschätzung, Hemmschwellen aufzubauen – im Großen wie im Kleinen.
Wer nun genau für den rauen Ton in Schulen, an Stammtischen, in der öffentlichen Debatte, in den Medien und im politischen Diskurs verantwortlich ist, sei dahingestellt. Es hat wenig Wert, die Schuld allein bei Verantwortungsträgern und Institutionen zu suchen. Verantwortlich für unsere Sprache und unser Handeln sind wir immer noch selbst. Deshalb ist das Manifest, der Appell der bayerischen Lehrer wichtig und richtig. Es geht alle und jeden an. Wenn wir bei aller Verschiedenheit wieder zu einer sachlichen Auseinandersetzung, zu Respekt und gegenseitiger Wertschätzung kommen wollen, dann muss jeder bei sich selber und seinen Worten anfangen. Das ist nicht nur für den Ton von heute nötig, sondern jetzt schon für den von morgen. Denn unsere Kinder hören uns zu. (pro)
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