Bei einem Interview im Sommer 2006 zwischen Redakteuren des Bayerischen Rundfunks und Papst Benedikt XVI. in der päpstlichen Sommerresidenz in Castel Gandolfo entstand die Idee, einen Film über den Kirchenvater Augustinus zu drehen. Schon drei Jahre später konnten dem katholischen Kirchenoberhaupt erste Szenen gezeigt werden. Obwohl Augustinus so wichtig für die Kirchengeschichte und zudem ein Mann mit einem interessanten Lebensweg ist, gab es bislang noch keinen längeren Spielfilm über ihn. Der Fernsehfilm, der am Ostersonntag und Ostersonntag in der ARD läuft, kann sich sehen lassen, ist optisch ansprechend und bringt uns Zuschauern den Mann, der von 354 bis 430 nach Christus lebte, ein wenig näher.
Eine Stimme forderte ihn auf, die Bibel aufzuschlagen
Wir befinden uns im Jahr 430 nach Christus, die Vandalen belagern die Stadt Hippo Regius im nördlichen Algerien. Dort ist seit fast vierzig Jahren Augustinus Bischof, und er will sich friedlich mit den germanischen Kämpfern einigen. In Rückblicken erzählt uns der Film die Lebensgeschichte von Augustinus, der nicht immer fromm war. Sein Vater war Heide, seine Mutter Christin. Mit dem Glauben seiner Mutter wollte Augustin lange Zeit nichts zu tun haben. Er wurde erfolgreicher Rhetoriker und angesehener Anwalt.
In Karthago beginnt er eine Liebesbeziehung mit der Sklavin Khalida, mit der er einen Sohn hat. Sein Beruf bringt ihn zunehmend in den Konflikt zwischen der Wahrheit und deren gewinnbringende Auslegung als Anwalt. Der christliche Glaube seiner Mutter stößt ihn ab, deswegen sucht er sich bei den Manichäern, die die Welt eingeteilt sehen zwischen dem göttlichen Lichtreich und dem Reich der Finsternis, einen anderen Halt. Doch die Fragen bohren weiter; verunsichert von unsteten Beziehungen zu Frauen, der Suche nach der Wahrheit und der richtigen Religion, erlebt er trotz beruflichem Erfolg eine Krise.
Im Jahr 386 hat er ein Bekehrungserlebnis. Darüber schreibt er in seinem vielleicht bekanntesten Werk, den "Confessiones" (Bekenntnisse). Zutiefst betrübt über seine Gottesferne legte er sich weinend und betend unter einen Feigenbaum. Plötzlich hörte er eine Kinderstimme, die rief: "Nimm und lies!" ("Tolle lege"). Er schlug die Bibel an einer beliebigen Stelle auf und las einen Vers, der ihn wie einen Blitzschlag traf, weil er so gut auf seine Situation zutraf: "Lasst uns nicht wandeln in Fressen und Saufen, nicht in Wollust und Unzucht, nicht in Hader und Neid, sondern ziehet den Herrn Jesus Christus an und pflegt das Fleisch nicht zur Erregung eurer Lüste" (Römer 13, 13–14).
Daraufhin war es das Ziel von Augustinus, heilig zu leben, er verzichtete auf die Ehe und sexuelle Kontakte, gab seinen Beruf auf und lebte ein Leben in Gebet und im Studium der Schrift. In der Osternacht 387 ließ er sich zusammen mit seinem Sohn taufen. Nach Afrika zurückgekehrt, wurde er 395 zum Bischof von Hippo Regius geweiht.
Kirchenvater der Reformation
"Augustinus war unendlich viel mehr als nur ein Heiliger in der katholischen Kirche. Er ist einer der bedeutendsten Gestalten der Kirchengeschichte überhaupt, einer der wichtigsten Denker des Christentums", sagt Sven Grosse, Professor für Historische und Systematische Theologie an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel (STH) gegenüber pro. "Er ist der Kirchenvater der Reformation und von größtem Einfluss auf die evangelische Theologie." Denn Augustinus habe sehr klar auf die Paulus-Briefe hingewiesen, die vom Menschen reden, der auf die rettende rechtfertigende Gnade Gottes angewiesen ist. Grosse ist überzeugt: "Leute wie Luther und Calvin haben – überspitzt formuliert – im Grunde nichts anderes gemacht als das aufzuarbeiten, was Augustin gesagt hat." Luther selbst habe dem Mönchsorden der Augustiner angehört, erinnert Grosse. Wenn sich die römisch-katholische Kirche auf Augustinus berufe, sollte sie sich nach Ansicht des Theologen ebenso immer wieder darauf hinweisen lassen, was Gnade ist. "Auch wenn er selbst wahrscheinlich keine Reformation als solche im Sinn hatte, hat Augustin neue Umbrüche mit verursacht und dafür gesorgt, dass so etwas wie die evangelische Kirche entstand. Er ist der Kirchenvater der westlichen Christenheit, egal ob katholisch oder evangelisch", so Grosse.
Papst Benedikt nannte den Film "Augustinus" nach der ersten Präsentation in Rom "großartig". In der Tat wirken die Aufnahmen historisch korrekt, und Regisseur Christian Duguay, der bereits Biografien über Coco Chanel und Johanna von Orleans verfilmt hat, widerstand der Versuchung, den Theologen und Philosophen, der von Katholiken als Heiliger verehrt wird, mit zu viel Kitsch zu verklären. Alle Aufnahmen wurden auf einem Studiogelände in Tunesien in Szene gesetzt. Der Film ist etwas dialoglastig, wie es von einem Fernsehfilm allerdings nicht anders zu erwarten ist. Auch scheint es, als "bekehre" sich Augustinus eher in den Schoß der "Mutter Kirche", das Wort vom Evangelium sowie Paulus, der Augustinus so wichtig war, kommen für protestantische Zuschauer etwas zu kurz.
Doch Papst Benedikt XVI. hat Recht, wenn er über den Film sagt: "Das ist die große Hoffnung, die am Ende bleibt: Wir können die Wahrheit nicht alleine finden, aber die Wahrheit, die auch eine Person ist, findet uns." Die Bedrohung durch die Vandalen in Hippo konnte der Kirchenvater nicht friedlich abwenden. Äußerlich gesehen erscheine das Leben von Augustinus deshalb tragisch zu enden. Doch, so der Papst, seine Botschaft überdauere den "Wandel der Welt, weil sie aus der Wahrheit kommt und in die Gnade führt, die unser gemeinsames Ziel ist". Oder wie es in der Sendungsankündigung heißt: "Es geht um Ehrgeiz, den Wunsch nach Anerkennung, die Suche nach dem Sinn und nach Gott." (pro)
"Augustinus"
Teil1: Ostersonntag, 4. April, 13.15 Uhr
Teil2: Ostermontag, 5. April, 13.05 Uhr
jeweils im ARD Fernsehen