Das Magazin Der Spiegel berichtet über den wachsenden Pornokonsum Jugendlicher. Erotische Bilder und Filme könnten eine positive Wirkung auf junge Menschen haben, heißt es in dem Artikel. Jugendschützer und Sexualethiker finden das grob verharmlosend.
Von PRO
Foto: Chepko Danil Chepko@yandex.ru|fotolia
Immer mehr Jugendliche schauen sich im Internet Pornos an.
„Nie zuvor schauten so viele Menschen so viel Porno“, stellt der Spiegel fest. 89 Prozent aller 16-jährigen Jungen hätten laut einer Studie des Instituts für Sexualforschung in Hamburg bereits Kontakt zu Pornos – und 50 Prozent der 13-Jährigen. „Im Alter von 19 Jahren sind nahezu alle Jungs pornoerfahren, viele sogar ganz extrem“, schreibt das Blatt. Jugendliche bezögen heute ihre sexuelle Bildung zu einem großen Teil aus dem Internet. Damit seien Risiken verbunden, aber auch Chance, etwa, dass diese Generation besser übers Sexuelle aufgeklärt sei als ihre Eltern. Von einer generellen Gefährdung durch Pornos sei laut Wissenschaft nicht auszugehen. „Die Zahl der Teenager-Schwangerschaften in Deutschland ist trotz Pornoschwemme auf einem historisch tiefen Stand – ebenso wie die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche bei Mädchen unter 18 Jahren. Weder Geschlechtskrankheiten noch Sexualdelikte haben bei Jugendlichen einen Sprung nach oben gemacht“, berichtet das Magazin, und weiter: „Das Verhütungsverhalten der Sex-Anfänger gilt als nahezu vorbildlich.“
Vergewaltigungen seien hingegen in jenen Gesellschaften häufiger anzutreffen, in denen „alles Sexuelle totgeschwiegen wird“, als in solchen, in denen offen mit Pornografie umgegangen werde, zitieren die Journalisten ein amerikanisches Journal mit dem Titel „Porn Studies“. Der Spiegel stellt zudem fest: „Die christliche Sexualmoral wirkt im Bett als Spaßbremse.“ Weiter heißt es: „Natürlich verurteilen auch die Kirchen das Treiben in den Pornowelten, weil diese angeblich falsche Vorstellungen von der richtigen Sexualität in das Hirn des Betrachters planzten. Doch wer soll festlegen, was die richtige Sexualität zu sein hat? Und wenn sie nicht predigen, sündigen natürlich auch Kirchenmänner nächstens am Rechner.“
„Es gibt keinen Fair-Trade-Porno“
Philip Pöschl vom Jugendschutzverein „Safer Surfing“ hält die Perspektive des Spiegel für verharmlosend. Sie lasse die zahlreichen negativen Aspekte, die mit dem Pornokonsum verknüpft seien, völlig außer Acht, sagt er im Gespräch mit pro. Zum einen ignorierten die Journalisten die Produktionsbedingungen von Pornographie: „Es gibt keinen Fair-Trade-Porno“, sagt er und verweist auf „erbärmliche Arbeitsbedingungen“ in der Branche. Auch auf Seiten der Konsumenten gebe es eine große Not. Sein Verein betreibe allein elf Selbsthilfegruppen für Sex- und Pornographiesüchtige. Auch zahlreiche Frauen von Männern, die Pornos konsumieren, wendeten sich mit der Bitte um Hilfe an „Safer Surfing“.
Gerade Jugendlichen präsentierten entsprechende Filme ein Bild von Sexualität, das nicht der Wahrheit entspreche. „Der Mensch bleibt auf der Strecke. Er wird zur Ware“, sagt Pöschl. Dass junge Menschen durch Pornographie aufgeklärt werden, empfindet er als problematisch. Gerade das Thema Verhütung gehe unter, ebenso der Respekt vor Frauen. „Junge Leute nehmen das, was in diesen Filmen passiert, für bare Münze“, erklärt er und fordert: „Aufklärung sollte Sache der Eltern und der Schule sein.“ Gegen christliche Sexualmoral als solche sei nichts einzuwenden, im Gegenteil. „Keine Sexualmoral zu haben, macht unglücklich. Die christliche Moral hält den Menschen sicher.“ Dennoch führt er einen Kritikpunkt beim christlichen Umgang mit Pornographie an: Zu selten werde unter Gläubigen über das heikle Thema gesprochen.
„Kein Spielraum für positive Bewertung“
Rolf Trauernicht vom Evangelische Fachverband für Sexualethik und Seelsorge „Weißes Kreuz“ sieht den Spiegel-Artikel ebenfalls kritisch: Durch Pornokonsum würden die Vorstellungen des idealen Partners so hoch geschraubt, „dass manche sich schwer tun, sich in reale Partner zu verlieben. Diese Beobachtung machen wir immer wieder in der Beratung.“ Sexuelle Phantasien würden „härter“ und verlören an Zärtlichkeit. „Der Zauber, den es bedeutet, vorsichtig und spielerisch miteinander zu entdecken, was Sexualität alles sein kann und wie man sich gegenseitig Freude machen kann, ist meistens nach längerem Pornokonsum vorbei“, erklärt Trauernicht. Für harmlos hält er Pornokonsum keineswegs: „Unsere Beobachtungen in der Beratung von jungen Erwachsenen, vor allem jungen Ehepaaren, von Süchtigen und wissenschaftlichen Studien lassen keinen Spielraum für eine positive Bewertung.“Diese kritische Sicht auf erotische Filme und Bilder teilen offenbar auch die Leser des Spiegel. Eine Umfrage des Magazins ergab, dass 66 Prozent davon ausgehen, Pornokonsum schade jungen Menschen „etwas“ oder „sehr“. Für nicht schädlich halten den jugendlichen Pornokonsum lediglich 8 Prozent. (pro)
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.
Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.
Cookie-Zustimmung verwalten
Um dir ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern und/oder darauf zuzugreifen. Wenn du diesen Technologien zustimmst, können wir Daten wie das Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn du deine Zustimmung nicht erteilst oder zurückziehst, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.
Funktional
Always active
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Externe Inhalte / Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.