Wir erleben Hektik und Stress ohne Ende. Gerade jetzt. Wir rotieren wie im Hamsterrad. Und auf den Grußkarten, die uns erreichen, steht: „Besinnliche Weihnachten“. Wie nah ist uns das Fest wirklich? Anmerkungen von Christoph Irion
Die Weihnachtskrippe – mehr als nur Tradition. Hier verbrachte Jesus seine ersten Stunden auf Erden.
Im Fotoalbum unserer Erinnerung sehen wir tief verschneite Winterlandschaften. Doch in Zeiten des Klimawandels verspricht der aktuelle Weihnachts-Wetterbericht milde Tage ohne Frost. Traditionell im Angebot sind auch selbst gebackene Kekse, Kerzen, duftende Tannenzweige und natürlich strahlende Kinderaugen. Wir erinnern uns an Knusperhäuschen, von Pfefferkuchen fein. Im Fernsehen hingegen – und gar nicht so weit entfernt von zu Hause – sehen wir seit Monaten immer mehr Flüchtlingsunterkünfte. Die vielen, bunt gekleideten Menschen, die dort unter schwierigen Bedingungen leben, wirken nicht gerade glücklich. Und die anderen? Denen scheint es kaum besser zu gehen: Die Deutschen erleben „eine neue Angst“, heißt es im Magazin Der Spiegel. Selten waren die Menschen so verunsichert: Es ist nicht nur die anhaltend große Zahl von Zuwanderern, die ins Land kommen. Die unbewältigte Griechenlandkrise, islamistisch motivierter Terror, VW-Debakel oder die einst schönste Nebensache der Welt, Fußball: Wo wir hinschauen, geht Vertrauen verloren.
Und dann ist da noch diese Stallszene aus dem Bethlehem der Antike: Maria und Josef und das Jesuskind in der Krippe. Jetzt ist Weihnachten ganz nah – und so weit weg. Besinnungslosigkeit statt Besinnung, Vertrauensverlust statt Hoffnung – brauchen wir so ein Weihnachten? Die Tage um den 24. Dezember herum sind traditionell das Fest der Familie. Ein wundervolles Kulturgut – für alle, die Familie haben. Doch inzwischen sind mehr als 40 Prozent der Haushalte bei uns Single-Haushalte. Die Zahl der Patchwork-Familien nimmt zu. Und nicht zuletzt hat sich Deutschland längst zu einem Land mit einer Vielzahl von kulturellen und religiösen Orientierungen gewandelt. Psychologen sagen, Weihnachten sei zudem eine schwierige Zeit für Trauernde, für Alte und Kranke, die unter Einsamkeit, Hilflosigkeit und Anonymität leiden. Und wie geht es den Krankenschwestern, Busfahrern und Sozialbediensteten, die an Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen arbeiten?
Eine aktuelle, brisante politische Botschaft
Weihnachten – es ist gut, dass es dieses Fest gibt. Es bietet nicht nur Zeit zum Innehalten für alle, die in ihrer selbstbestimmten (Un)freiheit atemlos ihre To-do-Listen nicht abgearbeitet bekommen. Weihnachten hat die Jahrhunderte wohl auch deshalb überlebt, weil der Kern seiner Botschaft eine universelle Faszination besitzt. Egal, ob man sich von Kirche und Christentum angesprochen fühlt oder nicht. Weihnachten ist das Fest, in dem Christen die Geburt Jesu feiern: Gottes Sohn kommt in die Welt, so berichtet das Lukas-Evangelium. Das Kind in der Krippe soll Versöhnung bringen, Liebe, Befreiung, Frieden und Heilung.
Wer sich die Krippenszene genauer anschaut, kann Erstaunliches entdecken: Es geht um eine knallharte, soziale Wirklichkeit, um eine brisante politische Botschaft. Die 2.000 Jahre alte Stall-Story ist bemerkenswert aktuell, und sie ist keine Kuschel-Geschichte. Moderne Soziologen würden sagen, die Hauptfiguren befinden sich in einer prekären Lage – Maria, Josef und das Jesuskind bilden eine Art antike Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaft. Sie sind quasi eine Flüchtlingsfamilie. Ausgerechnet von diesem Obdachlosen-Jesus-Baby wird gesagt, es bringe Hoffnung in unsere Welt. Und drum herum stehen dreckige Hirten, Leute mit zweifelhaftem Ruf, und Menschen mit Migrationshintergrund – die Weisen aus dem Morgenland. Die christliche Ur-Botschaft, die der Engel verkündet, bedeutet: Rettung ist möglich. „Fürchtet euch nicht“ und „Friede auf Erden“ – was der Engel da bei den Hirten mit ihren Schafen verkündet, berührt bis heute elementare Sehnsüchte von Milliarden Menschen. Weihnachten bietet eine Chance zur Besinnung, zum Aufatmen. Gerade in krisenhaften, unruhigen Zeiten. (pro)
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