Sonntagsruhe: „Basis muss sich einmischen“

Ein deutliches Plädoyer für das Einhalten der Sonntagsruhe hat der Online-Ressortleiter von "Cicero.de", Alexander Görlach, gehalten. Zugleich forderte er die Kirchenmitglieder dazu auf, sich deutlicher als bisher für das Erreichen ihrer Ziele einzusetzen. "Wir bekommen nichts mehr nur so und gratis, weil wir die Christenheit sind", bilanziert er in einem Kommentar für die "Netzeitung".
Von PRO

Um Überzeugungen und Traditionen wie die Sonntagsruhe durchzusetzen, komme es nicht nur auf das Engagement der „Kirchenoberen“ an. Auch die Basis müsse sich einmischen. Görlach sieht die Kirchen in der Pflicht, ihre Mitglieder zu mobilisieren. Die Basis müsse verinnerlichen, auch für ihre gesellschaftlichen Positionen streiten zu lernen. Die Diskussion über die Ladenöffnungszeiten war durch den Vorschlag des Berliner Senats neu entfacht worden. Die „Berliner Regelung“ sieht vor, an zehn Sonntagen im Jahr die Geschäfte zu öffnen, darunter auch die vier Adventssonntage.

Nach dem Streit um den Religionsunterricht werde Berlin damit binnen kürzester Zeit wieder zum Austragungsort religionspolitischer Grundsatzentscheidungen, schreibt Görlach. Noch stehe die Kirche nicht auf verlorenem Posten, was die Durchsetzung ihrer Ziele betreffe: Neben fünf Millionen sonntäglichen Gottesdienstbesuchern, werde auch „die gesellschaftliche Leistung der Kirchen und die Bedeutung christlicher Werte für die Gesellschaft“ von einem Großteil der Nicht-Kirchgänger anerkannt. „Wenn der Sonntag Sonntag bleiben soll, müssen die Christen dafür sorgen“, so Görlach.

Urteil des Verfassungsgerichtes nach der Sommerpause

Für die Sonntagsruhe hatten sich der evangelische Bischof von Berlin, Wolfgang Huber, und der katholische Erzbischof, Georg Kardinal Sterzinsky, kürzlich gemeinsam vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe stark gemacht. Es gehe darum, dem Sonntag die vom Grundgesetz zugesprochene Bedeutung zurückzugeben, und für die Zukunft zu erhalten, begründeten sie. Die Kirchen berufen sich bei der Debatte um die Sonntagsruhe auf die Religionsfreiheit und betonen, dass karitatives und kirchliches Engagement, durch die Sonntagsarbeit beeinträchtigt werde. Befürworter der „Berliner Regelung“ sehen bei den von 13-20 Uhr geöffneten Geschäften den Kirchgang am Vormittag nicht in Gefahr. Ein Urteil über die Verfassungsbeschwerde der Berliner Kirchen wird allerdings erst nach der Sommerpause erwartet.

Entscheiden werde sich dann vor allem die Frage, ob die beiden Kirchen als Hüter über den Sonntag im rechtlichen Sinne auftreten können oder nicht, so Görlach. „Dahinter, steht die sperrige Frage, wem der Sonntag nun eigentlich gehört.“ Im Grundgesetz wurden die Sonn- und Feiertage vom Staat als „Tage der Rekreation und der seelischen Erhebung“ geschützt. Zum Zeitpunkt dieser Festlegung waren mehr als 90 Prozent der Deutschen in einer der beiden Volkskirchen Mitglied. Heute sind es knapp über 60 Prozent – mit sinkender Tendenz. Grundsätzlich gehe es um die Frage, ob „der Staat eine Religion und deren Feiertag privilegieren und andere außen vor lassen“ kann. Noch sei im Grundgesetz verankert, dass der Sonntag auch Gott gehöre.

Gesellschaft verliert den Punkt des Innehaltens

Weil ein Großteil der direkt von der Mehrarbeit Betroffenen, allein erziehende Mütter sind, erhalten die Kirchen sogar Unterstützung von den Gewerkschaften. Neben den religiösen Gründen steht für Görlach aber auch der irdische Wunsch im Mittelpunkt, einmal in der Woche Zeit für die eigene Familie zu haben: „Wenn die Gesellschaft nur noch aus gleitenden Freizeitern besteht, verliert sie den Punkt gemeinschaftlichen Innehaltens und Ausruhens“, befürchtet er.

Für die Zukunft gilt aus Görlachs Sicht: Die gesamte Palette des kirchlichen Angebots werde darüber entscheiden, ob die Kirche als gesellschaftlicher Akteur im Konkurrenzkampf gefragt bleibt. Der erste Gottesdienst des neu gewählten Bundestags 1999, der im Ostteil Berlins nur unter Polizeischutz stattfinden konnte, sei ein prägnantes Beispiel für den anti-religiösen und anti-kirchlichen Affekt, der tief in der Stadt verankert ist. Um dies nicht weiter zu verschärfen, fordert der Autor vehement, dass „Berlin nicht mit seinen neuen Sonntagsöffnungszeiten durchkommen“ darf. (PRO)

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