Sonne, es reicht!

Warum ich nicht mehr für das Wetter bete? Weil wir die Verantwortung für das Bewahren und Bebauen der Schöpfung tragen. „Macht euch die Erde untertan“ war eigentlich anders gemeint. Eine Kolumne von Jürgen Mette
Von Jürgen Mette
Der Theologe Jürgen Mette leitete viele Jahre die Stiftung Marburger Medien. 2013 veröffentlichte er das Buch „Alles außer Mikado – Leben trotz Parkinson“, das es auf die Spiegel-Bestsellerliste schaffte.

Wenn alle schweigend vor sich hin starren, lustlos in Illustrierten blättern oder über ihr Smartphone wischen, hin und wieder einer rein kommt oder raus geht, dann ist man entweder im Wartezimmer einer Arztpraxis oder im Foyer einer Behörde. Bis einer das Schweigen bricht und beginnt, über das Wetter zu palavern. Es ist zu jeder Jahreszeit zu heiß, zu kalt, zu trocken, zu nass und schuld sind die Eisheiligen, der Siebenschläfer, der Treibhauseffekt, Trump, Putin oder die Bundeskanzlerin. Was wäre die Kommunikation mit den Nachbarn ohne beiläufige und banale Äußerungen zum Wetter, gerade jetzt, wo die Hitze zum Albtraum wird, für die Bauern zum Beispiel, die mit harten Verlusten kämpfen, während die Speiseeisbranche und die Mineralwasserindustrie Rekordgewinne einfahren.

Solange eine Milliarde Menschen heute keinen Zugang zu Trinkwasser haben, bleibt mir ein Gebet um Sonne für ein trockenes Gemeindefest im Hals stecken. Was habe ich früher als Initiator von Open-Air-Konzerten für trockenes Wetter gebetet, während die Bauern um Regen gefleht haben. Irgendwann habe ich eingesehen, dass unser Wetter in der Biskaya oder über den Azoren zusammengebraut wird und der Golfstrom die Tiefs und Hochs beeinflusst. Seitdem bete ich nicht mehr für das Wetter, das mich glücklich macht. Ich danke Gott für das Wetter, das unserem Überleben dient, auch wenn mein Rasen braun ist oder die seit Mai beständige Hochsommerwitterung langsam beängstigende Ausmaße annimmt. Noch zwei Wochen Hitze an der 40-Grad-Grenze werden zwar den Bierausstoß maximieren, aber auch die Waldbrände befeuern und die Kühlung der Atomreaktoren gefährden.

Gottes Verheißung gilt

40 Jahre ist es jetzt her, dass der Norden unserer Republik von einem extremen Schneechaos heimgesucht wurde. Statistische Ausreißer gab es immer, aber jetzt scheint sich die Großwetterlage der nördlichen Hemisphäre auf heiß und trocken einzustellen. Das wissen wir seit Jahren, die Arktis erwärmt sich dramatisch. Was das für flache Küstenregionen wie Bangladesch und für die Trauminseln in der Karibik bedeutet, kann man mittlerweile verlässlich prognostizieren.

Das Problem ist der Mensch. Wir wissen es, leben aber so, als wüssten wir es nicht. Als Christen, die an den Schöpfer glauben, kann uns die Schöpfung nicht egal sein. Warum haben wir die Bewahrung der Schöpfung den Grünen und Greenpeace überlassen? Weil wir lange einer fatalen Zerfallstheorie gefolgt sind, dass die wunderbare Schöpfung wie ein fauler Apfel am Baum hängt und seinem Gericht entgegenreift. Und dass wir, ohne uns die Hände schmutzig zu machen, in einem „Shuttle der Seligen“ dem Strafgericht entgehen und ins himmlische Paradies entrückt werden. Eine komfortable Idee. Sie führt zu Passivität und Lethargie.

Und doch gilt, was mein Lieblingsautor Paul Gerhardt gedichtet hat: „… der Wolken, Luft und Winde gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, wo dein Fuß gehen kann“. Und es gilt die Verheißung, die Gott seinem Volk Israel geschenkt hat. „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ (1. Mose 8,22)

Von: Jürgen Mette

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