„Söhne Mannheims“: Soundtrack zu Pegida?

Auf dem neuen Album der „Söhne Mannheims“ werden Verschwörungstheorien und Pegida-Thesen in den Mainstream getragen. Das muss auch Kritik am bekennenden Christen Xavier Naidoo zur Folge haben. Ein Kommentar von Moritz Breckner
Von PRO
Singt gern mal über Politik: der Musiker Xavier Naidoo aus Mannheim

„Mein großes Vorbild ist Jesus“, bekannte der Sänger Xavier Naidoo noch 2014 in der ARD, wo er im Nachtmagazin als „bekannt als überzeugter Christ“ vorgestellt wurde. Der Sänger der „Söhne Mannheims“, einer multikulturellen Pop-Gruppe („Und wenn ein Lied“) hatte damals Ärger, weil er in Berlin bei einer Kundgebung der „Reichsbürger“ auftrat und Verschwörungstheorien zum 11. September 2001 und der Souveränität Deutschlands verkündete.

Sänger und Band haben vergangene Woche das Album „MannHeim“ veröffentlicht, und es enthält Texte, die für Empörung sorgen müssen. Im Lied „Marionetten“ heißt es offensichtlich in Richtung Politiker: „Alles nur peinlich und sowas nennt sich dann Volksvertreter. Teile Eures Volks nennen Euch schon Hoch- beziehungsweise Volksverräter.“ Dass es hier um mehr als eine kritische Zustandsbeschreibung geht, lässt sich klar heraushören: „Eure Parlamente erinnern mich stark an Puppentheater“, heißt es im Lied, „ihr wandelt an den Fäden wie Marionetten, bis wir euch mit scharfer Schere von der Nabelschnur Babylons trennen“.

Im Lied wird plötzlich der Slogan des ZDF, „Mit dem Zweiten sieht man besser“ zitiert, im musikalischen Umfeld dazu droht Naidoo: „Alles wird vergeben, wenn ihr einsichtig seid, sonst sorgt der wütende Bauer mit der Forke dafür, dass ihr einsichtig seid“. Der wütende Bauer mit der Mistgabel – da war doch mal was. Der Deutsche Journalisten-Verband erstattete 2016 Anzeige gegen die Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling: Sie hatte gefordert, die „volksverhetzenden Eliten mit Mistgabeln aus den Parlamenten, den Gerichten, den Kirchen und den Pressehäusern zu prügeln“.

Der deutsche Michel und Muslime als neue Juden

Ist es Paranoia oder böse Absicht, hier mehr als Zufall zu vermuten? Natürlich ist überspitzte und künstlerische Kritik an Politik und Medien erlaubt, sogar notwendig. Es lässt sich aber nicht schönreden: Die „Söhne Mannheims“ bedienen mit ihren neuen Texten die Sprache von Pegida-Demonstranten, jede andere Interpretation fällt schwer. Würde die als rechts verschriene Band „Frei.Wild“ derartige Texte zum Besten geben, wäre der Aufschrei groß.

Im Lied „Der deutsche Michel“ geht es um ebendiesen, der sich in falscher Sicherheit wiegt, in Wahrheit aber auf einem Altar geopfert wird, Medienkritik inklusive: „Was wenn das nicht stimmt? – Wenn was nicht stimmt? Du glaubst doch nicht wirklich, dass unsere Nachrichten nicht nachgerichtet sind.“ Das rechts-außen-Magazin Compact dankte Naidoo für seinen „Mut“ im Kampf für die Freiheit und Souveränität Deutschlands.

Ebenfalls auf dem Album enthalten ist das Lied „Nie wieder Krieg“, das bereits 2015 auf der Facebook-Seite des islamophilen Aktivisten Jürgen Todenhöfer veröffentlicht wurde und für einen Sturm der Entrüstung sorgte. „Muslime tragen den neuen Judenstern, alles Terroristen, wir haben sie nicht mehr gern, es ist einfach nur traurig, die alten Probleme im Dritten Jahrtausend nach Christus“ – Medien wie die Süddeutsche Zeitung werteten diese Textzeile als Verharmlosung des Leides der Juden während der Nazidiktatur. Solidarität mit Muslimen passt zunächst nicht ins Bild einer CD mit Pegida-freundlichen Texten. Ein Schuh wird dennoch daraus: Bei Kritik an Juden, Israelis, Amerikanern und dem Westen überschneiden sich die Weltbilder mancher Pegida-Teilnehmer und mancher Muslime. Naidoo puzzelt sich seine Perspektive irgendwie zusammen.

„MannHeim“ ist ein Album, das diskutiert und kritisiert werden muss. Es ist zwar völlig legitim, die Politik der Bundesregierung zu kritisieren. Hier aber werden darüber hinaus Vokabular und Ideologien in den musikalischen Mainstream getragen, die sich bislang weitestgehend am Rand tummelten. Das muss auch all denen zu denken geben, die in Xavier Naidoo einen prominenten „Vorzeigechristen“ sehen. (pro)

Von: mb

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