Skatepark-Streit: Missionare unerwünscht

In der nordrhein-westfälischen Universitätsstadt Siegen debattierten Politiker zum wiederholten Male über die Anerkennung der "Calvary Chapel" als Träger der freien Jugendhilfe. Die Kommunalpolitiker begründen ihre Ablehnung damit, dass die Glaubensgemeinschaft Sektencharakter habe. Jetzt befasste sich ein WDR-Beitrag mit der Thematik.
Von PRO

Die Diskussion wirft auch die grundsätzliche Frage auf, ob alle Gemeinden, die biblische Fundamente vertreten, keine finanziellen Zuschüsse mehr erhalten sollten. In dem WDR-Beitrag wird ein von der Gemeinde neu gebauter Skatepark als Stein des Anstoßes gesehen. "Weil Jugendliche hier missioniert werden und sich bekehren sollen", wie es in dem Beitrag heißt, betrachtet die Politik das Projekt kritisch.
Günther Westerholt, Diakon im Kirchenkreis Siegen und zuständig für die Jugendarbeit, betrachtet das Werben um die Jugendlichen mit wachsender Sorge. Er finde es problematisch, dass die Texte der Bibel "verbalinspiriert eins zu eins übersetzt" und damit nicht historisch-kritisch hinterfragt würden. "Dies ist eine Autorität, gegen die kein Jugendlicher etwas sagen kann."

"Wir versuchen jedem in Liebe zu begegnen"

SPD-Ratsmitglied Peter Mörbitz begründet seine politische Ablehnung in dem WDR-Beitrag auch mit der kritischen Haltung der Gemeinde gegenüber dem Thema Homosexualität. So habe er im Internet eine Predigt des Pastors gefunden, in der Homosexualität als Praxis bezeichnet wurde, die den "Eingang ins Himmelreich" verwehre.

Mörbitz frage sich deshalb, wie die Gemeinde mit Jugendlichen umgehe, die bei sich Homosexualität entdecken. Bereits in der ersten Sitzung des Jugendhilfeausschusses im August hatte der Sozialdemokrat betont, dass politisch noch Klärungsbedarf bestünde. Vermittlungsversuche mit dem Argument, dass man in der "Vergangenheit Gruppen mit einer ähnlichen Nuancierung als tolerabel und unterstützenswert" eingestuft habe, waren gescheitert.

Die "Calvary Chapel" äußerte sich nur schriftlich zu den Vorwürfen mit der Begründung, dass hier unterschiedliche Weltanschauungen und unterschiedlicher Glaube aufeinander träfen: "Uns auf dieser Grundlage als Träger der Jugendhilfe abzulehnen, halte ich für politisch nicht korrekt, immerhin verachten wir niemanden, sondern versuchen als Christen, jedem in Liebe (und das heißt auch auf Augenhöhe) zu begegnen. Dass wir an einen Gott glauben, der uns aus Liebe nicht nur einen richtigen, sondern den für uns guten Weg aufzeigt, darf nicht Grundlage für eine abwertende Andersbehandlung von Seiten der Politiker sein", heißt es in dem Schreiben.

Furcht vor sozialer Ausgrenzung

Für den WDR-Beitrag stand kein Vertreter der "Calvary Chapel" zur Verfügung, weil diese sich, so heißt es in dem Beitrag, vorverurteilt fühlen. Auch habe sich kein ehemaliges Gruppenmitglied über den Ausstieg aus der Gruppe äußern wollen. Für Mörbitz spricht daraus auch die "Furcht vor sozialer Ausgrenzung", was einen "sektenähnlichen Charakter" habe.

Die "Calvary Chapel" ist eine freie charismatische christliche Gemeinde, die der Evangelischen Allianz verbunden ist. Der Jugendhilfeausschuss, der die Träger der Jugendhilfe auswählt, ist ein Teil des Jugendamtes. Dem Ausschuss gehören Mitglieder des Kreistages und der freien Träger der Jugendhilfe und der Jugendverbände an. Diese Zusammensetzung soll die Bedeutung freier Träger und des ehrenamtlichen Engagements für die Belange von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien widerspiegeln. (PRO)

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