Skandal um Katholischen Medienpreis

Die Journalistin Lara Fritzsche hat die 5.000 Euro Preisgeld, die sie am Montag mit dem Katholischen Medienpreis erhalten hat, an das „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“ gespendet, das sich für Abtreibungen einsetzt. Der Publizist Andreas Püttmann protestiert mit einem offenen Brief.
Von PRO

Fritzsche erhielt den Preis für ihre Reportage „Das Leben nach dem Tod in Utøya“, der am 12. Juli 2012 im ZEITmagazin erschienen ist (pro berichtete). Auf der Homepage des Katholischen Medienpreises heißt es dazu: „Im Jahr nach dem Massaker auf der norwegischen Ferieninsel begleitet der Beitrag die 18-jährige Sofie, die um ihre beste Freundin Lejla trauert – eines der 67 Opfer des Amokschützen.“ Die Jury habe den Text als „äußerst einfühlsam und zu Tränen rührend“ empfunden. „Schon der Titel des Textes ‚Das Leben nach dem Tod in Utøya‘ lässt die religiöse Dimension anklingen, die aber nie aufdringlich wird.“

Die 29-jährige Journalistin, die heute für das Magazin der Süddeutschen Zeitung arbeitet, erklärte bereits bei der Preisverleihung, mit der Haltung der katholischen Kirche unter anderem zur Abtreibung nicht einverstanden zu sein. „Ich finde, dass Frauen selbst über ihren Körper entscheiden können sollen. Mit allen Konsequenzen“, erklärte sie laut einer Pressemitteilung des Berliner „Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung“. Das Bündnis zeigte sich auf seiner Homepage erfreut über die Spende und den Protest Fritzsches gegen die katholische Kirche: „Lara Fritzsche hat eine wichtige Botschaft gestern genau dorthin getragen, wo sie hingehört: Vor die Vertreter der katholischen Kirche. Das hätten wir als Bündnis so kaum geschafft“, sagte Sybill Schulz, Geschäftsführerin des „Familienplanungszentrums Balance“.

Ausdrücklich wendet sich das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung in seiner Pressemitteilung gegen den von Christen unterschiedlicher Konfessionen veranstalteten „Marsch für das Leben“: „Der in den letzten Jahren deutlich gewachsene Zulauf zum von christlichen Vereinen organisierten Kreuzmarsch durch die Mitte Berlins, der unter anderem ein totales und europaweites Verbot des Rechts zur Beendigung einer ungewollten Schwangerschaft fordert, illustriert die Popularität fundamentalistischer und reaktionärer Ideen“, heißt es dazu.

Püttmann: „Rücksichtsloses, brüskierendes Vorgehen“

Der katholische Publizist Andreas Püttmann hat Fritzsche in einem Offenen Brief, der pro vorliegt, „rücksichtsloses und brüskierendes Verhalten“ vorgeworfen. Es sei für die Preisstifter schon nicht erfreulich, beim eigenen Festakt von der Geehrten in die frauenfeindliche Ecke gestellt zu werden. Die Spende des Preisgeldes sei zwar eine private Angelegenheit, aber: „Eine andere Qualität gewinnt es freilich, wenn Sie die Verwendung bei der Preisverleihung demonstrativ verkünden. Dann wird sie zum Affront gegenüber dem Preisstifter, sowohl atmosphärisch als auch sachlich.“

Für die Kirche sei Abtreibung keine „Selbstbestimmung über den eigenen Körper“, sondern „die radikalste Form der Fremdbestimmung über ein menschliches Leben mit – laut Bundesverfassungsgericht – eigenem Recht.“ Wer sein Preisgeld öffentlich weiterreiche an eine Organisation, die der moralischen Selbstverpflichtung des Preisstifters diametral entgegen arbeitet, verletzte das Gebot der Fairness und lasse einen Mangel an Respekt und Toleranz erkennen, schreibt Püttmann. „Machen Sie Ihrerseits eine Gewissensüberzeugung geltend, dann hätten Sie die Möglichkeit gehabt, den Preis auszuschlagen oder das Preisgeld diskret einzusetzen“, schrieb er der Journalistin.

Da das „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“ Teilnehmer des Berliner Schweigemarsches für das Leben diffamiere und eine „hasserfüllte und übergriffige“ Gegendemonstration organisiere, hätte in Fritzsche als kritischer Journalistin mit Realitätssinn und Differenzierungsvermögen eine professionelle Distanz auslösen müssen. „Auch wenn Sie die Wertüberzeugung der ‚Lebensschützer‘ nicht teilen, die eines der zentralsten und ältesten christlichen Moralgebote vertreten – es ist schon für das erste Jahrhundert belegt –, müssten Sie doch spüren, dass die Art der Auseinandersetzung, wie das ‚Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung‘ sie intoniert, eines toleranten, sachlichen Diskurses unwürdig ist“, schreibt Püttmann.

Das „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“ fordert laut seiner Homepage unter anderem eine eine „geschlechter- und kultursensible Sexualaufklärung für alle jungen Menschen“, eine rezeptfreie Vergabe der so genannten „Pille danach“, sowie „den uneingeschränkten Zugang zum legalen Schwangerschaftsabbruch und die Streichung des §218 aus dem Strafgesetzbuch“.

Als Unterstützer listet das Bündnis auf seiner Homepage unter anderem den Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg, die Beratungsorganisation pro-Familia Brandenburg, den Landesverband Berlin der Partei „Die Linke“, die „Sozialistische Jugend Deutschlands“, den „Arbeitskreis sozialdemokratischer Frauen“ sowie die atheistische Giordano-Bruno-Stiftung. (pro)

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