Passt der Islam zu Deutschland? Diese etwas provokante Frage war zwar Titel der Sendung „Hart aber fair“ am Montagabend, doch Thema der Sendung wurde eine ganz andere Frage: Sind Vertreter des Islam eigentlich verantwortlich für den Islam? Eine TV-Kritik von Jörn Schumacher
Von Jörn Schumacher
Foto: WDR/Oliver Ziebe
„Deutschland und der Islam – wie passt das zusammen?“, war am Montag Thema von „Hart aber fair“. Özlem Nas vom Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg fand schon die Frage diskussionsbedürftig
„Deutschland und der Islam – wie passt das zusammen?“ lautete der Titel der Sendung mit Frank Plasberg. Eingeladen waren Wolfgang Huber, der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, die Publizistin Birgit Kelle, Özlem Nas, Vorstandsmitglied des Rates der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg (SCHURA), sowie die Kabarettistin Lisa Fitz.
Im Grunde verlief die Talkshow wie immer, wenn es um den Islam geht. Die nichtmuslimischen Gäste wollten von den muslimischen Gästen wissen, ob sie sich vom islamistischen Terror in der Welt distanzieren. Und die Antwort lautet: Schon allein die Frage sei eine Frechheit.
Der IS und die Selbstkritik
Mazyek gab erwartungsgemäß zu Protokoll: „Wenn ich die Zeitungen aufschlage und in den Medien schaue, bekomme ich selber Angst vor dem Islam, der dort dargestellt wird.“ Da werde „Propaganda“ betrieben. Er fragte: „Warum müssen sich die Menschen muslimischen Glaubens hierzulande überhaupt von diesen Terrorakten distanzieren?“ Denn man könne sich nur von etwas distanzieren, was zuvor „nahe an einem dran“ gewesen sei. IS habe nichts mit dem Islam zu tun, genauso wenig wie die Kreuzzüge etwas mit dem Christentum zu tun hätten.
Bischof Huber widersprach der Aussage, dass die Kreuzzüge nichts mit dem Christentum zu tun hätten. Ebenso hätten die Hexenverfolgungen des Mittelalters natürlich auch einen Bezug zum Christentum. Selbstkritisch fügte der Protestant hinzu: „Das ist ein Teil meiner Tradition, und ich bin in der Mitverantwortung, dass Vergleichbares nicht noch einmal im Namen des christlichen Glaubens geschieht.“ Es sei wichtig, Selbstkritik zu lernen. Das rate er auch den Muslimen.
Birgit Kelle wandte sich ebenfalls gegen das Argument von Mazyek, der IS sei zu weit von Deutschland entfernt, um sich als Moslem davon distanzieren zu können. „Diese 42 Prozent, die sich in Deutschland Sorgen machen, die empfinden es nicht so, als sei es nicht in ihrer Nähe.“ Der Verfassungsschutz berichte immerhin von mindestens 550 Menschen aus Deutschland, die nach Syrien reisten, um dort zu kämpfen.
Die Frage ist, warum die Frage gestellt wird
Nas war sich von Anfang an unsicher, ob die Diskussion und ihre Teilnahme daran überhaupt Sinn ergibt. Sicher war sie sich in diesem Punkt: Der Islam werde zu einem Sündenbock gemacht. Allein der Titel der Sendung sei ein Punkt, über den man sich trefflich streiten könne. „‚Passt der Islam nach Deutschland?‘ Diese Frage haben sich verschiedene Herrscher in der Geschichte gestellt, und diese Frage stellen sie sich immer noch, und deshalb gibt es Kriege.“ Die Frage sei vielmehr, warum diese Frage überhaupt gestellt wird.
Die Kabarettistin Lisa Fitz versuchte es mit Selbstkritik, wobei sie offenbar „das Christentum“ meinte. Allerdings sei sie längst aus der Kirche ausgetreten (erstens wegen der Gräueltaten der Katholischen Kirche über die Jahrhunderte hinweg, zweitens wegen Martin Luthers Judenhetze, und drittens wegen der USA. Die hätten seit 1796 „kein Jahr ohne Krieg“ gehabt. Den Zusammenhang zwischen der Kirche in Deutschland und den USA führte sie nicht weiter aus. Offenbar an die Muslime im Studio gerichtet, gab sie preis: „Ihr wollt ja mit Andersgläubigen keine Freundschaft schließen.“ Denn das stehe ja im Koran.
„Wir können die Sendung auch abbrechen“
Eine hitzige Diskussion, die Moderator Plasberg mehrfach fast die Contenance verlieren ließ, entspann sich um die Frage: Betrifft das, was außerhalb Deutschlands im Namen des Islam gesagt und getan wird, überhaupt die Muslime in Deutschland? Wenn etwa ein Recep Tayyip Erdoğan, seines Zeichens Präsident der Türkei, über den Koran spreche, betrifft das in irgendeiner Weise Aiman Mazyek aus Aachen? Mazyek selbst vertrat die felsenfeste Überzeugung, dass es da keinen Zusammenhang gebe, bei den restlichen Gästen löste diese Aussage ratlose Gesichter aus. Mazyek rief: „Meine Bundeskanzlerin ist Frau Merkel!“, worauf Plasberg zu verstehen gab, dass Erdogan doch aber über seine Religion spreche, und nicht über Politik.
Auf die Bitte der Gäste an Frau Nas, die konkrete Frage aufzuklären, ob der Koran tatsächlich vorschreibe, dass der Mann über der Frau steht, antwortete sie mit dem Vorwurf, allein die Frage sei eine Beleidigung. Sie persönlich sehe Mann und Frau jedenfalls als gleichberechtigt an. Ihre Frage „Geht es darum, dass wir unsere Religion erklären müssen?“ hätte man als Zuschauer am liebsten beantwortet mit: Ja, und genau deswegen wurden Sie eingeladen. (pro)
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