"Wollen wir weiter akzeptieren, dass in Berlin Menschen im Rausch ihre Mitbürger zusammenschlagen, krankenhausreif treten und wir nichts dagegen unternehmen?", fragte Siggelkow am Sonntagabend in die Diskussionsrunde. Der Leiter des christlichen Hilfswerks "Arche e. V." in Berlin hat täglich mit Familien zu tun, in denen schon Kinder zu harten Alkoholika greifen. Junge Menschen stünden heute unter einem enormen Gruppenzwang, mitzutrinken, wobei Bier schon nicht mehr so "cool" sei wie Komasaufen mit Wodka und Mixgetränken. Wer beim Videoportal "YouTube" nach den Begriffen "saufen und kotzen" suche, stelle fest, das das exzessive Trinken zum Volkssport geworden sei, erklärte Siggelkow. Es sei zu beobachten, dass Gymnasiasten mehr Alkohol konsumierten als Hauptschüler – Hochprozentiges sei ein Problem aller gesellschaftlichen Schichten.
Als Gegenspieler und Provokateur war Peter Richter, Redakteur bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und Autor des Buches "Über das Trinken", eingeladen. Er prahlte zunächst mit einem Kater, den er noch in Erinnerung an eine Party auf der Frankfurter Buchmesse spüre, um sich dann mit Siggelkow einen ebenso unterhaltsamen wie verbissenen Schlagabtausch zu liefern. Siggelkow, spottete Richter, habe für seine Einrichtung den richtigen Namen gewählt, denn Noah habe nach dem Verlassen der Arche sofort einen Weinberg angelegt. "So? Ich dachte, er hat zunächst ein Opfer gebracht", konterte der Pastor.
CDU-Politiker geht offen mit seiner Alkoholsucht um
Der Vizechef der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Andreas Schockenhoff, sprach in der Sendung offen über seine Alkoholsucht. Der Politiker hatte im Juli nach einem Volksfest Fahrerflucht begangen, nachdem er betrunken gegen ein Auto gefahren war. Er bekannte daraufhin in der Öffentlichkeit, Alkoholiker zu sein und ging in eine Entzugsklinik. Seitdem treffe er jeden Morgen die Entscheidung, an diesem Tag keinen Alkohol zu trinken. Etwa sieben Prozent der erwachsenen Bevölkerung, erklärte der Suchtexperte Rüdiger-Rolf Salloch-Vogel, seien nicht in der Lage, "kontrolliert zu trinken" – das heißt, sie können nicht auf eigenen Wunsch damit aufhören. Für sie müsse daher der Alkoholkonsum ganz tabu sein.
Bernd Siggelkow sieht den Gesetzgeber in der Verantwortung, zur Prävention alkoholbedingter Krankenhausaufenthalte und Zwischenfälle beizutragen. So sollte Kaufhäusern für ein halbes Jahr die Konzession entzogen werden, wenn deren Verkäufer Alkohol an Jugendliche ausgäben."Ich sehe keine Notwendigkeit, warum Tankstellen nach 22 Uhr noch Alkohol verkaufen", sagte der Pastor zudem und erwähnte folgenschwere Saufpartys, für die nachts oft noch Alkohol nachgekauft werde. Am besten sei es jedoch, wenn der Staat die bereits geltenden Gesetze auch durchsetzen würde – beispielsweise das Verbot von Alkohol auf einigen öffentlichen Plätzen, das Siggelkow gerne bundesweit einführen würde. "Am Berliner Alexanderplatz wird trotz Verbot schon morgens um acht getrunken – und die Polizei schaut zu." (pro)