Seelsorge-Kongress: Die Frage nach dem guten Leben

Wie kann ein gutes Leben für Christen aussehen? Mit dieser Frage beschäftigt sich der diesjährige Kongress der Akademie für Psychotherapie und Seelsorge (APS). Neutestamentler Hans-Joachim Eckstein erklärte: Gott macht beziehungsfähig.
Von PRO
Hans-Joachim Eckstein zeigte mit dem Johannes-Evangelium, was „gutes Leben“ im biblischen Sinne meint
Im Eingangsreferat am Mittwoch erklärte der Tübinger Neutestamentler Hans-Joachim Eckstein, das gute Leben im biblischen Sinn bedeute Begegnung und Beziehung. Dazu gehöre ganz elementar die Verbindung des Menschen mit Gott. Jeder Mensch sehne sich nach Gott, stellte er fest. Jesus veranschauliche dies, wenn er sage, er könne ohne Gott nichts tun. Die Gottesbeziehung wirke sich auch auf die zwischenmenschlichen Beziehungen aus. „Wenn wir aus dieser Beziehungswirklichkeit leben, dann werden wir selber beziehungsgewiss und beziehungsfähig.“ Nur so könnten auch andere zum Glauben finden. Der Aspekt der Beziehung zeige sich bereits im Alten Testament, erklärte der Alttestamentler Michael Rohde vom Theologischen Seminar Elstal bei Berlin. Gutes Leben finde der Mensch vor Gott und in Beziehung zu anderen. Dazu gehörten die Gastfreundschaft, das Einhalten der Ordnungen Gottes und das Lob Gottes, wie sie sich in den Psalmen fänden. „Menschen sind dazu da, Gott zu loben“, sagte er Im Alten Testament finde sich auch ein Bewusstsein für die Gefährdung des guten Lebens, die mit dem Begriff „Tod“ umschrieben würde. Das führe im Hiob-Buch sogar zu Ausdrücken der Todessehnsucht. Eigentlich sei diese aber Ausdruck für den Wunsch nach einem besseren Leben. Rohde sagte: „Lebensmüde Gedanken geben Aufschluss über das Leben, das man sich wünscht.“

Profil durch Berufung

„Durch Berufung profiliert sich das Leben“, sagte Christoph Möller, der bis 2005 in Heidelberg Praktische Theologie lehrte. Durch das Bewusstsein einer Berufung lasse sich das Leben klarer gestalten. So habe der Denker Augustinus in einem kontemplativen Gemeinschaftsleben seine „innere Berufung“ gefunden. Diese habe ihm Kraft gegeben für seine „äußere Berufung“, die Tätigkeit als Bischof von Hippo. Anhand der Lehren Martin Luthers zeigte Möller, dass es bei der Berufung nicht nur um geistliche Ämter gehe, sondern um das alltägliche Familien- und Berufsleben. Ein Mensch könne etwa die Mutterrolle als Berufung sehen. Den Beruf als Berufung wahrzunehmen helfe denjenigen, die einer vermeintlich niederen Tätigkeit nachgehen und sich dabei überflüssig vorkommen. „Einen Job als Berufung anzusehen, kann dem Menschen seine Unruhe nehmen.“

Freiheit, Leben zu gestalten

Der in Berlin lebende Philosoph Wilhelm Schmid erklärte, dass die Frage nach einem guten Leben in der Philosophie bereits in der Antike gestellt worden sei. Anders als in früheren Zeiten ließen sich die Menschen seit der Aufklärung nicht mehr vorschreiben, was ein gutes Leben bedeute. Im Zuge dieser Freiheitsbewegung sei dieses neue Denken aber auch zum Problem geworden. „Erst wollen die Menschen frei sein. Dann stellt sich die Frage: Wozu bin ich frei?“ Vielen fiele es deshalb schwer, ihrem Leben eine Richtung zu geben. An dieser Stelle schlug Schmid vor, dasjenige als „gutes Leben“ zu sehen, was dem jeweiligen Menschen als „bejahenswert“ erscheint. „Der Imperativ wäre dann: Gestalte dein Leben so, dass es bejahenswert ist.“ Zum 8. Internationalen Kongress für Psychotherapie und Seelsorge sind mehr als 1.000 Teilnehmer zu den etwa 100 Seminaren und Vorträgen vom 20. bis 23. Mai nach Würzburg gekommen. Veranstalter ist die Akademie für Psychotherapie und Seelsorge, deren Anliegen es ist, Begegnungen zwischen Psychotherapie und christlichen Seelsorgern zu fördern. (pro)
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