Scientology im Visier: Experten fordern Verbotsverfahren

H a m b u r g (PRO) - Immer mehr Experten fordern von der Politik ein Verbot der umstrittenen Organisation Scientology und eine kritischere Auseinandersetzung mit der Gruppierung. Hintergrund ist der in diesen Tagen bekannt gewordene Fall von zwei Jugendlichen, die am Wochenende Hilfe bei der Hamburger Scientology-Beauftragten Ursula Caberta gesucht hatten.
Von PRO

Ein 14-jähriges Mädchen hatte sich mit ihrem elf Jahre älteren Bruder an die Scientology-Beauftragte des Hamburger Senats, Ursula Caberta, gewandt. Bei dem Mädchen handelt es sich nach Medienberichten um die Stieftochter der Berliner Scientology-Direktorin, die gemeinsam mit ihrem elf Jahre älteren Stiefbruder ausgestiegen und nach Hamburg gekommen sei. Die beiden hätten „Hilfe und Beistand“ gesucht, so Caberta. Das Mädchen wolle „Abitur machen und außerhalb von Scientology seinen Weg gehen“ und nicht das dänische Internat besuchen. Dieses habe „nichts mit normaler Schulbildung zu tun“. Es gehe dort vielmehr darum, „linientreue Scientologen heranzuzüchten“, so die Scientology-Expertin.

„Unfreiheit, die im System existiert“

Im „Deutschlandfunk“ sagte Caberta weiter, für Scientology-Aussteiger seien Hilfen notwendig, da der Rückweg in die „reale Welt“ mit Stolpersteinen gepflastert sei. Der Ausstieg werde Scientologen erschwert etwa durch massive Schulden, das „in die Gehirne eingeschliffene Gedankengut“ der Organisation, ein totales Kontrollsystem sowie die „Unfreiheit, die im System existiert“. Die wenigsten, die Scientology verlassen wollten, schafften diesen Schritt auch. Grund dafür sei auch, dass die Außenwelt bewusst als Feindbild dargestellt werde.

Caberta forderte zudem die Einrichtung einer Beratungsstelle für Ex-Scientologen in Berlin. Dies sei eine politische Entscheidung. Der politische Wille zur Hilfe sei in Hamburg jedoch ausgeprägter als in Berlin. Die Arbeitsgruppe Scientology (AGS) in Hamburg beobachtet und analysiert die Aktivitäten der Scientology-Organisation. Neben der Aufklärung der Öffentlichkeit über die Tätigkeiten der Gruppierung berät die Arbeitsgruppe auch bei Problemen, die in Zusammenhang mit der Gruppierung auftreten und hilft aussteigewilligen Personen.

Gandow: „Ganz große Ähnlichkeiten zur Nazi-Ideologie“

Der evangelische Sektenbeauftragte Thomas Gandow forderte unterdessen ein Verbot von Scientology. Die Gruppierung werde von Staat und Medien unterschätzt. „Es muss endlich zur Kenntnis genommen werden, dass wir es hier mit Totalitarismus zu tun haben“, sagte der Sektenexperte der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg im „Deutschlandradio“. Die Innenministerkonferenz warne seit Jahren vor Scientology als einem neuen politischen Extremismus.

Wünschenswert wäre eine Verbotsdiskussion, sagte Gandow weiter. Auch die Kirchen müssten sich mehr mit Scientology befassen: „Genauso wie mit der NPD oder dem Nationalsozialismus, weil Scientology eine Gefahr für die Religionsfreiheit ist.“ Der Sektenbeauftragte kritisierte zudem, dass Journalisten in deutschen Zeitungen Scientology mittlerweile in Schutz nähmen. Dabei gebe es bei Scientology „ganz große Ähnlichkeiten mit der Nazi-Ideologie“. Gandow: „Hier sollen Menschen vernichtet werden.“

Scientology will kritisches Buch verhindern

Unterdessen versucht Scientology offenbar, das in diesen Tagen im Gütersloher Verlagshaus erschienene Buch Cabertas „Schwarzbuch Scientology“ durch verschiedene Abmahnschreiben an den Verlag und die Autorin zu stoppen. Das teilte der Leiter der Rechtsabteilung des Verlages, Rainer Dresen, am Mittwoch in München mit. Offenbar sei in den Schreiben im Namen von Scientology Deutschland und verschiedener Privatpersonen die Unterlassung mehrerer kritischer Passagen gefordert worden. Caberta und der Verlag haben derweil alle Vorwürfe zurückgewiesen und zur Vermeidung einstweiliger Verfügungen gegen das Buch so genannte Schutzschriften bei allen betreffenden Gerichten eingereicht, so der Verlag. Die Auslieferung gehe zudem weiter.

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