Scientology-Aussteigerin: Es war kein Leben mehr

Ihr Onkel David Miscavige ist der Chef von Scientology: In einem Interview mit der Welt am Sonntag berichtet Jenna Miscavige Hill über ihre 19 Jahre bei Scientology, ihre Flucht und warum sie glaubt, dass es die Sekte in Deutschland so schwer hat.
Von PRO

In ihrem neuen Buch „Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht“ beschreibt sie, wie sie das Leben in Vormund- und Gefangenschaft erlebt hat. Die Sekte habe so manchem Aussteiger das Leben ruiniert, meint sie. Dies reiche von Drohanrufen bis zu Verleumdungen beim Arbeitgeber. Sie selbst sei von Privatdetektiven verfolgt worden, als sie aussteigen wollte.

Vor ihrem Ausstieg habe Scientology auch ihren heutigen Mann, der selbst Mitglied war, unter Druck gesetzt. Der Vorwurf, dass die Sektenmitglieder geheilt werden müssten, führe dazu, dass sie in ständiger Angst lebten. Einen Auslöser Scientology zu verlassen, habe es bei ihr selbst nicht gegeben: „Es war schlicht kein Leben mehr. Ohne Zukunft.“ Ihre Eltern gehörten schon 15 Jahre vor ihrer eigenen Geburt der „Kirche“ an.

Ein hochbegabter Kontrollmensch

Ziel von Scientology sei es, die Welt von menschlichem Elend zu befreien, Kriege zu beenden und allumfassende Harmonie zu erzeugen. Jeder Mensch sei ein spirituelles Wesen. Die Scientologen glauben, dass nach ihrem Tod ihre Seele ein neues Leben in einem neuen Körper beginnt. Als Kind habe sie dies fasziniert, dass ihre Seele grenzenlose Fähigkeiten habe, doch mit der Zeit kapierte sie, dass dahinter ein brutales Regel- und Strafregister stehe.

Ihren Onkel beschreibt Micavige Hill als „hochbegabten Kontrollmenschen“. Weil Scientologen gegenüber Lehrern skeptisch sind, erhielten die Kinder dort keine angemessene Schulausbildung. Als Nichte des Chefs sei sie eher strenger behandelt worden. Mit der Zeit habe sie die Verzerrung der Wirklichkeit hinter dem Scientology-System begriffen. Statt über Himmel und Hölle zu reden, verspreche die Kirche bahnbrechende Verbesserungen für Beziehungen, Ehe, Karriere und Verständigung: „Es ist sozusagen ein riesiger Workshop auf Lebenszeiten.“

Den Ausstieg von Tom Cruise‘ Ex-Frau Katie Holmes könne sie nachvollziehen. Holmes habe Angst davor gehabt, wie sehr sich die Sekte in die Erziehung ihrer Tochter einmische. „Das ganze System besteht ja aus permanentem Weichklopfen und bestrafen.“ Alles Natürlich-Menschliche werde den Mitgliedern aberzogen.

„Zerstörerisch und brutal“

Obwohl Scientology in Deutschland kaum Fuß fasse, dürfe niemand glauben, dass sie nur ein „Selbsthilfereligion für Stars ist. Diese Kirche ist zerstörerisch, brutal, sie kontrolliert und misshandelt Menschen.“ Mit einem Verbot wäre sie aber auch vorsichtig. Miscavige Hill unterhält eine Webseite für Aussteiger. Weil sie schon so viel Zeit verloren habe in ihrem Leben, wolle sie diese aktuell nur ihrer Familie widmen. (pro)

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