„Schwer verliebt“: Beschwerden von Gewicht

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hat eine Überprüfung von Fernsehformaten gefordert, in denen Paare vermittelt werden. Zuvor hatten sich Zuschauer der SAT.1-Sendung "Schwer verliebt" bei der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz beschwert. Auch eine Kandidatin erhob Vorwürfe gegen den Sender.
Von PRO

"Die Jagd nach der Zuschauerquote darf nicht dazu führen, dass Laiendarsteller in entwürdigenden Situationen zur Schau gestellt werden", forderte Beck laut der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident ist Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder. "Ich bin sehr dafür, dass die zuständigen Medienaufsichten prüfen, ob die Grenzen des Zulässigen hier nicht überschritten werden."

Im Vorfeld dieser Forderung hatten sich acht Zuschauer über die SAT.1-Sendung "Schwer verliebt" bei der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz beschwert. Die Rechtsreferentin Barbara Beck von der Landeszentrale für Medien und Kommunikation in Ludwigshafen sagte, der Vorwurf der Zuschauer sei, dass Menschen in dieser Sendung vorgeführt würden. Die Landesmedienanstalt werde prüfen, ob ein konkreter Verstoß gegen das Rundfundrecht vorliege.

Der Privatsender SAT.1 zeigt die wöchentliche Sendung "Schwer verliebt" seit dem 6. November am Sonntagabend um 19 Uhr. Darin begeben sich korpulente und alleinstehende Menschen auf die Suche nach einem Partner. Unter zahlreichen Zuschriften dürfen sie sich je zwei Kandidaten aussuchen, mit denen sie eine Woche lang auf Probe leben. Zurzeit plant der Sender, insgesamt acht Folgen zu produzieren.

Nach Angaben der Landesmedienanstalt könne nur dann etwas getan werden, wenn ein Verstoß gegen die Rundfunknormen vorliege. Dies sei etwa dann der Fall, wenn die Menschenwürde oder der Jugendschutz verletzt würden. Die Anstalt könne dann eine förmliche Beanstandung aussprechen. Bei schwereren Verstößen sei ein Bußgeld von bis zu 500.000 Euro möglich oder die Auflage, dass der Veranstalter die Beanstandung in seinem Programm veröffentlicht.

Teilnehmerin fühlt sich öffentlich gedemütigt

Auch "Sarah aus Fischbach", eine Teilnehmerin der Sendung, hat Vorwürfe gegenüber dem Sender erhoben. In der "Rhein-Zeitung" beklagte sie, man habe sie gezwungen, gestellte Szenen zu drehen und Sätze in die Kamera zu sprechen, die ihr peinlich seien. "Ich wusste ja nicht, was die mit mir vorhaben", sagte die Teilnehmerin und stellte fest: "Was da im Fernsehen passiert, ist eine einzige Lüge: von wegen Reality-TV…"

Wie die "Rhein-Zeitung" berichtet, werde die 27-Jährige, "die täglich Zeitung liest und die Euro-Krise besser erklären kann als mancher Banker", nun im Dorf schikaniert. Nach der Ausstrahlung der Sendung hätten Leute aus ihrem Dorf vor ihrer Haustür gefeiert, mitten in der Nacht habe jemand an der Haustür geklingelt, wenige Tage später habe jemand versucht, ihr am Telefon einen Streich zu spielen. Auch im Internet fänden sich verunglimpfende Kommentare zu Sarah.

Medienanwalt: Vertrag ist "sittenwidrig"

Die Zeitung veröffentlichte auch den Vertrag zwischen der Produktionsfirma und der Kandidatin. Ein Medienanwalt beurteilte ihn in der Zeitung als "sittenwidrig", da die Kandidatin für ein Honorar von 700 Euro sämtliche Rechte an ihrem Bild und der weiteren Auswertung des gedrehten Materials abtrete.

Der Sender hat die Vorwürfe zurückgewiesen. In der "Rhein-Zeitung" sagte eine Sprecherin, die Kandidatin habe in keinem Fall Dinge tun müssen, die sie nicht habe tun wollen, im Gegenteil: "Sie hat der Produktionsfirma Vorschläge für Drehorte und Szenarien gemacht." SAT.1 behalte sich aber rechtliche Schritte vor, da die Kandidatin gegen die vertragliche Vereinbarung verstoßen habe, über die Vorgänge der Produktion "absolutes Stillschweigen" zu bewahren.

"In manchen Sendungen werden Menschen, die offensichtlich gar nicht wissen, worauf sie sich da eingelassen haben, öffentlich bloßgestellt und gedemütigt", kritisierte Beck. Wie der Ministerpräsident deutlich machte, bezöge sich eine Überprüfung der Landesmedienanstalt nicht auf die Verträge zwischen den Kandidaten und dem Sender. Er empfahl, die Verträge durch Anwälte prüfen zu lassen. (dpa/pro)

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