Schule muss Raum für muslimische Gebete bereitstellen

Ein Gymnasium in Berlin-Wedding muss einem muslimischen Schüler einen Gebetsraum zur Verfügung stellen, damit er in der Pause beten kann. Diese Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts sorgt in Berlin nicht nur bei Schulleitern für Diskussionen.
Von PRO

Das Gericht hatte entschieden, dass der 14-Jahre alte muslimische Schüler Yunus M. während der Schulzeit sein Gebet nach islamischem Ritual in der Schule, allerdings außerhalb der Unterrichtszeiten, abhalten dürfe. Die Richter bewerteten die „freie Religionsausübung höher als die Pflicht zur religiösen Neutralität“ an den Schulen. Der Schüler könne sich auf Religionsfreiheit nach Artikel 4 des Grundgesetzes berufen.

Die stellvertretende Schulleiterin des Gymnasiums, Barbara Grenzius, sagte gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“, die Schule halte sich an die Anordnung des Gerichts und werde dem Schüler einen geeigneten Raum zur Verfügung stellen. Allerdings müsse sich das Gebet „in jedem Fall störungsfrei in den Schulbetrieb einfügen“.

Der Schüler war laut Medienberichten aufgefallen, als er im November gemeinsam mit sieben Mitschülern auf dem Flur der Schule betete. Die Schulleitung hatte den Jungen daraufhin gebeten, religiöse Bekundungen in der Schule zu unterlassen und sich gegenüber seinen Eltern auf das Neutralitätsgebot des Staates berufen. Daraufhin hatten der Schüler und seine Eltern vor Gericht geklagt. Gegenüber der „Welt“ wies Barbara Grenzius darauf hin, dass es an der Schule Schüler aus 30 verschiedenen Nationen gebe, die tolerant miteinander umgingen. Sie alle hätten andere Gewohnheiten, ihren Glauben zu praktizieren.

Mehrere kritische Stimmen zum Gerichtsurteil

Wolfgang Harnischfeger, Vorsitzender der Vereinigung Berliner Schulleiter in der Erziehungsgewerkschaft GEW, befürchtet allerdings Probleme: „Was sollen wir tun, wenn an einer Schule 400 Muslime in der Pause beten wollen?“

Der Berliner Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) kündigte an, das Urteil überprüfen zu lassen. Das Gerichtsurteil stieß auch bei Politikern der CDU und der Grünen auf Kritik. Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Sascha Steuer, sieht durch den Urteilsspruch die Neutralität der Schulen in Gefahr. Für Özcan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, ist das Urteil „Gift für die Integration“. Er glaubt, dass derartige Maßnahmen die Kluft zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen in Berlin vertiefen.

Bereits jetzt Platzprobleme an den Schulen

Der CDU-Politiker Steuer wies außerdem auf die schlechte räumliche Ausstattung der Berliner Schulen hin. Schulbibliotheken und Cafeterien fielen den Sparmaßnahmen der Stadt zum Opfer. In diesem Zusammenhang dürfte die Einrichtung spezieller religiöser Gebetsräume „schwer zu vermitteln“ sein. Als Sprecher der CDU-Fraktion forderte Steuer den Senat auf, das Urteil durch das Oberlandesgericht auf Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.

Auch Detlef Bathe, Gesamtelternvertreter der Diesterwegschule, hat Probleme mit der richterlichen Entscheidung. Es sei klar, dass jeder seine Religion ausüben dürfe. Fraglich sei aber, ob die Schule der richtige Ort dafür sei.

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