Der evangelische Theologe nimmt dabei Bezug auf den Propheten Jeremia, "der nie – gegen die Weißwäscher – die Klappe halten konnte und oft eins aufs Maul bekam". Auf die Frage, ob "moderne Journalisten wirklich von biblischen Propheten lernen können" entgegnete Schorlemmer: "Ein Prophet sagt, was Sache ist, ohne den Anspruch zu erheben, als Einziger zu wissen, was Sache ist. Er steht für Entschiedenheit ohne Totalitarismus." Als Herausgeber habe er, ähnlich wie sein Vorgänger Wolfgang Ullman versucht, das theologische Denken mit in die politische Diskussion einzubeziehen.
"Die Welt nicht als Kampfplatz, sondern als Lebensraum für alle denken"
Für die Zukunft des "Freitags" wünscht sich er sich, dass die Wochenzeitung große Themen, "wie die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen oder die globalisierungsbedingten Rückfälle ins Regionale, Religiöse, Reaktionäre beackert". Dem Blatt solle es darum gehen, die Welt nicht als "Kampfplatz, sondern als Lebensraum für alle" darzustellen. Um die Welt zu ändern, müsse man sich selber ändern.
Abschließend bekennt der Theologe, "dass der Sonntag der Tag ist, an dem wir sehen, wie schön das Leben sein kann, an dem wir es genießen, befragen und besingen". Friedrich Schorlemmer war Oppositioneller und Bürgerrechtler in der ehemaligen DDR. Als Pfarrer war er zunächst an der Schloßkirche in Wittenberg und leitete anschließend die Evangelische Theologische Akademie Sachsen-Anhalt.
Das Mitglied der globalisierungskritischen Organisation "attac" ist bekannt dafür, dass er sich kritisch gegenüber internationalen Konflikten, Gewalt oder Ausländerhass äußert. Unter seiner Ägide als Herausgeber hatte das als linksliberal geltende Blatt zuletzt eine Auflage von knapp 14.000 verkauften Exemplaren wöchentlich. (pro)