„Schönes zu sehen ist Balsam für die Seele“

Am Samstagabend wird in Oldenburg die schönste Frau Deutschlands über 50 Jahren gekürt. In der Jury sitzt auch ein Pfarrer. Die neue Ausgabe der Lutherbibel brachte ihn dazu, sich neu mit dem Thema Schönheit zu befassen.
Von Jonathan Steinert
„Ich möchte nach meiner Frau und Mutter die drittschönste Frau kennenlernen“, so Pfarrer Jürgen Schwartz

Der evangelische Pfarrer Jürgen Schwartz ist einer von zwölf Juroren, die am Samstagabend in Oldenburg die schönste Frau Deutschlands über 50 Jahren küren. In der Jury sitzen unter anderem auch der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach und die Schauspielerin Tina Ruland.

„Ich möchte nach meiner Frau und Mutter die drittschönste Frau kennenlernen“, mit diesem Satz bewarb sich Pfarrer Schwartz als Juror. Unter anderem die neue Fassung der Lutherbibel von 2017 brachte ihn dazu, sich neu mit dem Thema Schönheit zu befassen. „Leas Augen waren sanft, Rahel aber war schön von Gestalt und Angesicht“, so heißt es darin im ersten Buch Mose über diese zwei Schwestern. In einer älteren Fassung der Lutherbibel steht, Lea habe „ein blödes Gesicht“. Das löse ganz unterschiedliche Bilder beim Leser aus, stellt Schwartz fest. In der Schöpfungsgeschichte bewertet Gott seine Werke mit „gut“. „Das kann man auch mit ‚schön‘ übersetzen“, sagt Schwartz auf Anfrage von pro. „Dahinter steht eine positive Grundeinstellung. Schönheitsideale und -vorstellungen ändern sich. Doch hinter allem steht eine Grundhaltung über den Menschen und zum Leben und damit letztlich über Gott.“

Dass sich Schönheitsideale ändern, zeigt auch ein Blick in die Bibel. Im Hohenlied Salomos (Kapitel 4) beschreibt ein Mann seine Geliebte so: „Siehe, meine Freundin, du bist schön! Deine Augen sind wie Tauben hinter deinem Schleier. Dein Haar ist wie eine Herde Ziegen, die herabsteigen vom Gebirge Gilead. Deine Zähne sind wie eine Herde geschorener Schafe.“ Heute wird wahrscheinlich kaum jemand mit diesen Worten das Aussehen seiner Frau loben. Pfarrer Schwartz betont, was ihm wichtig ist: „Zu einem schönen Gesicht gehört für mich, dass man darin Gefühle, Stimmungen, Reaktionen erkennen und ablesen kann.“

„Jeder Mensch ist wunderbar geschaffen“

Beim „Miss 50plus Germany“-Wettbewerb präsentieren sich die 20 Finalistinnen in Business-Kleidung sowie in Abendgarderobe. Das hält Schwartz für unverfänglich. Für eine normale Misswahl, wo sich die Damen auch in Bikini zeigen, hätte er sich nicht beworben. „Warum dürfen wir uns nicht an einem schönen Menschen erfreuen? Schönes zu sehen, ist Balsam für die Seele.“ Schönheit könne zwar verführen, aber auch aufbauen. Jeder Mensch sei begabt und „wunderbar geschaffen“. Dafür danke auch der Psalmbeter in Psalm 139. Schönheit ist nach Ansicht von Schwartz „nicht nur eine Gabe, sondern auch eine Aufgabe“.

Die Bibel thematisiert das körperliche Aussehen noch an anderen Stellen. So wird etwa Joseph als schön beschrieben oder Abrahams Frau Sarah. Der König Salomo mahnt: „Lieblich und schön sein ist nichts; eine Frau, die den Herrn fürchtet, soll man loben.“ (Sprüche 31,30). Für den 53-jährigen Schwartz ist Schönheit „viel mehr als nur die äußere Erscheinung. Ein Mensch ist schön, wenn er sich liebevoll anschaut. Das strahlt aus, dann kann er auch andere liebevoll anschauen.“ Er habe in seinem Beruf als Pfarrer viele Menschen kennengelernt, die etwa behindert oder alt und trotzdem schön seien. „Von ihnen können wir lernen, sich selbst anzunehmen.“ Wer sich selbst möge, müsse das vorgegebene Schönheitsideal nicht so eng fassen.

von: Jonathan Steinert

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