Scharia-Justiz mitten in Deutschland

Muslimische Großfamilien unterwandern die deutsche Justiz. Das zumindest beschreibt der ehemalige stellvertretende Leiter des ARD-Hauptstadtstudios, Joachim Wagner, in seinem Buch "Richter ohne Gesetz". Am Montag stellte er es gemeinsam mit dem Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky in Berlin vor und erklärte: Die Clans bestechen Zeugen oder setzen sie unter Druck – und die Gerichte sind machtlos.

Von PRO

"Mich beschleicht…ein ungutes Gefühl, denn das Recht wird aus der Hand gegeben und auf die Straße verlagert oder in ein paralleles System verschoben, in dem dann ein Imam oder andere Vertreter des Korans entscheiden, was zu geschehen hat", zitiert Joachim Wagner die 2010 verstorbene Jugendrichterin Kirsten Heisig. Auch sie fürchtete ein Phänomen, das der Journalist in seinem neuen Buch ausführlich untersucht: Friedensrichter, die im Auftrag meist muslimischer Großfamilien agieren und im Hintergrund laufender Prozesse schlichten, um eine außergerichtliche Lösung herbeizuführen. "Es hat den Anschein, dass in Einwanderervierteln eine islamische Parallelordnung entstanden ist, die aus religiös-kulturellen und sozialen Gründen eine höhere Akzeptanz genießt als deutsche Gesetze", schreibt Wagner.

Was er damit meint, zeigt eine Berliner Begebenheit aus dem Jahr 2010. Die 16-jährige Mona S. hatte, so schildert es Wagner in seinem Buch, ein Verhältnis zu einem 19-jährigen Libanesen. Ihre Familie stammt aus der palästinensischen Autonomiebehörde und war ganz und gar gegen die Verbindung. Schon zuvor hatte ihr älterer Bruder Abdul sie "wegen ihres westlichen Lebensstils" geschlagen oder beschimpft. Gegen die neuerliche "Verletzung

der Familienehre" ging der Bruder mit noch härteren Mitteln vor. Er, sein jüngerer Bruder und ein Freund überfielen den Geliebten der Schwester, traten, prügelten und versuchten, ihn mit einem Messer zu verletzen. Die Polizei griff rechtzeitig ein, die drei Täter saßen monatelang in U-Haft, das Opfer trug nur leichtere Verletzungen davon. Noch am Abend des Tattages meldete sich ein Vermittler bei der Opferfamilie. Sein Angebot: Schwester und Opfer sollten ihre Strafanzeigen zurückziehen, im Gegenzug werde der Vater Monas eine Ehe zwischen Opfer und Tochter erlauben. Beide willigten ein, wohl auch aus Angst, dass die Täterfamilie ihren Mordversuch wiederholen könnte. Vor Gericht gab das Opfer schließlich an, die Angriffe seien nicht so schlimm gewesen, bei der Polizei habe er gelogen.

Die Schuldfrage spielt keine Rolle

Noch steht nicht fest, wie der Prozess letztendlich ausgehen wird, doch das Beispiel macht deutlich, was Heisig gemeint haben muss, als sie von einem "parallelen System" sprach. Die Praxis der Schlichtungen, wie sie vor allem das muslimische Rechtssystem kennt, gab es bereits vor dem Islam. Der Koran hat das System der sogenannten Friedensrichter, der Schlichter, übernommen, schreibt Wagner. In der Türkei, in Pakistan, im Libanon und anderen arabischen Ländern gibt es sie bis heute. In Pakistan etwa, erhalten Frauen nach Säure-Attentaten durch einen Vergleich oft das Recht auf finanzielle Entschädigung. Das Geld geht in der Regel an die Familie des Opfers. Die finanzielle Wiedergutmachung steht im Zentrum der Schlichtung. Die Schuldfrage spielt dabei keine Rolle. Als Friedensrichter werden Familienangehörige oder Imame eingesetzt. Sie agieren ohne juristische Ausbildung, ihr Erfolg gründet sich auf Ansehen und Macht.

So sehr diese Praxis dem deutschen Rechtssystem entgegenstehen mag, so alltäglich scheint sie doch auch in Städten wie Berlin, Bremen oder Essen zu sein, glaubt man Wagner. Demnach werden Streitschlichtungen vor allem dann durchgeführt, wenn Opfer und Täter aus demselben Kulturkreis stammen. Oft suchen Schlichter die Opfer von Gewalttaten bereits im Krankenhaus auf. Ihr Ziel: Das Opfer soll die Polizei nicht informieren, keine Strafanzeige stellen oder selbige gegebenenfalls zurückziehen. Ist die Polizei bereits eingeschaltet, versucht der Friedensrichter, das Opfer von seiner Aussage abzubringen. "Jeder Messerstich oder Schuss kann einen Familienkrieg entzünden, was insbesondere für die schwächere Familie bedrohlich ist. Das zu verhindern, versüßt durch eine finanzielle Wiedergutmachung, macht es für viele Opferfamilien erwägenswert, wenn nicht gar verlockend, sich außergerichtlich mit dem Täter und seiner Familie zu verständigen", erklärt Wagner.

10.000 Euro für eine Stichverletzung

So soll es üblich sein, zur Wiedergutmachung einer Stichverletzung rund 10.000 Euro zu zahlen, bei schweren Verletzungen fließen 30.000 bis 40.000 Euro. Die Streitschlichter selbst erhalten Provisionen zwischen 3.000 und 5.000 Euro. Doch damit nicht genug. Wagner beschreibt auch, dass Schlichtungen oft von Gewaltandrohungen und Folter begleitet werden. Als Mitglieder eines mafiösen arabischen Clans etwa Majid A. zusammengeschlagen hatten, boten sie ihm immer wieder Entschädigungen an, flankiert von Drohungen, seiner Familie werde etwas zustoßen, wenn er die Täter belaste. Am Ende sagte Majid A. dennoch aus. Seine Peiniger wurden zu zwei beziehungsweise einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. "Gang und gäbe" seien solche Vorgänge, sagen Polizisten in Wagners Buch. "Wir müssen bei jedem Ermittlungsverfahren im muslimischen Milieu davon ausgehen, dass es Absprachen gibt."

So kritisiert der Autor etwa eine Ohnmacht der Strafjustiz: Ermittlungsbehörden wüssten häufig nichts über die Rolle der Schlichter, Staatsanwälte und Richter seien machtlos, wenn Zeugen die Auskunft vor Gericht mit der Begründung einer drohenden Selbstbelastung verweigerten. Wenn es keine weiteren Personenaussagen oder Sachbeweise gebe, könnten Opfer eine erste Aussage bei der Polizei nachträglich folgenlos annullieren, erklärt der promovierte Jurist Wagner. Für ihn ist dieses Phänomen ein eindrückliches Zeichen für das Fehlschlagen der Integration in Deutschland. Sein Buch sei ein "Appell, das Problem ernster zu nehmen", sagte er am Montag bei der Vorstellung seines Buches in Berlin. Zustimmendes ließ auch der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky verlauten. Auch er habe das Problem der Friedensrichter bereits in der Vergangenheit angesprochen, habe deshalb aber nur "Hohn und Spott" erfahren. Diese "Paralleljustiz" sei aber eine "Randerscheinung des Integrationsprozesses". Wagners Buch werde ein "Aufreger", prognostizierte er schon jetzt. Und in noch einem Punkt war er sich sicher: "Richter ohne Gesetz" werde bestimmt "aus einseitigen politischen Kreisen als islamophob bezeichnet werden". (pro)

Joachim Wagner: "Richter ohne Gesetz. Islamische Paralleljustiz gefährdet unseren Rechtsstaat." Econ Verlag, 224 Seiten, 18,- Euro, ISBN 978-3-430-20127-8, Erscheinungsdatum: 31. August 2011.

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