Sarah Mullally leitet als erste Erzbischöfin von Canterbury die Kirche von England

Mit Sarah Mullally übernimmt erstmals in der Geschichte der Kirche von England eine Frau das höchste geistliche Amt. Die frühere Krankenpflegerin folgt auf Justin Welby, der nach einem Missbrauchsskandal zurücktrat.
Von Norbert Schäfer
Sarah Mullally, Erzbischöfin von Canterbury

Zum ersten Mal steht mit Sarah Mullally eine Frau an der Spitze der Kirche von England. Die bisherige Bischöfin von London übernimmt das Amt der Erzbischöfin von Canterbury und folgt damit auf Justin Welby, der im vergangenen Jahr seinen Rücktritt erklärt hatte.

Mullallys Ernennung wurde am Donnerstag von König Charles III., dem weltlichen Oberhaupt der Kirche, bestätigt. Damit tritt sie in die Nachfolge einer mehr als 1400-jährigen Reihe geistlicher Führer – vor ihr hatten 105 Männer dieses Amt inne. Einer Pressemitteilung der Kirche zufolge wird Mullally im März 2026 in einem festlichen Gottesdienst in ihr Amt eingeführt.

Als ranghöchster Bischof der Kirche von England vereint das Amt des Erzbischofs von Canterbury viele Funktionen, darunter die des Diözesanbischofs der Diözese Canterbury, Primas von ganz England sowie als Primus inter Pares der Primas der weltweiten Anglikanischen Gemeinschaft. Im Oberhaus des britischen Parlaments, dem House of Lords, ist der Erzbischof von Canterbury einer von 26 Bischöfen. 

Vom Krankenbett auf die Kanzel

Die 63-jährige Mullally arbeitete zunächst als Krankenpflegerin und leitete später den Bereich Pflege im britischen Gesundheitsministerium. 2001 wurde sie zur Diakonin, 2006 zur Priesterin geweiht. Als Bischöfin von Exeter gehörte sie zu den ersten Frauen, die in England ein solches Amt bekleideten.

Heute zählt die Anglikanische Gemeinschaft weltweit rund 80 Millionen Mitglieder in 42 Kirchenprovinzen, darunter Kirchen in den USA, Australien und zahlreichen afrikanischen Ländern. Mit Mullallys Berufung setzt die Kirche britischen Medienberichten zufolge ein Zeichen für Gleichberechtigung und Erneuerung. Konservative Stimmen innerhalb der anglikanischen Gemeinschaft, vor allem Kirchenführer aus Afrika, äußerten jedoch Vorbehalte. Dabei geht es vor allem um die Rolle von Frauen in geistlichen Ämtern. Kirchenintern wird Mullally zudem dafür kritisiert, dass sie sich für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare eingesetzt hat. In einigen afrikanischen Ländern innerhalb der Anglikanischen Gemeinschaft ist Homosexualität verboten.

Rücktritt nach Missbrauchsskandal

Welby war im November zurückgetreten, nachdem eine unabhängige Untersuchung ergeben hatte, dass er Polizeibehörden nicht rechtzeitig informiert hatte, als er von Fällen körperlichen und sexuellen Missbrauchs in der Kirche erfuhr.

Bis zur endgültigen Ernennung Mullallys leitet der Erzbischof von York, Stephen Cottrell, kommissarisch die Kirche. Auch Cottrell war in einen historischen Missbrauchsfall verwickelt und sah sich Rücktrittsforderungen ausgesetzt.

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