Rundfunkrat: Freikirchen protestieren gegen Rauswurf

Die mögliche Entscheidung des Kabinetts in Baden-Württemberg, den Sitz der Freikirchen im SWR-Rundfunkrat an Muslime abzugeben, sorgt für Empörung. Kirchenleitungen und Gemeinden protestieren gegen das Vorhaben.
Von PRO
Den Sitz der Freikirchen im SWR-Rundfunkrat sollen eventuell muslimische Vertreter erhalten. Ein Kabinettsentwurf der rot-grünen Landesregierung in Baden-Württemberg bezeichnet muslimische Glaubensgemeinschaften für gesellschaftlich relevanter als Freikirchen (pro berichtete). Diese starteten nun Initiativen und Protestaktionen, um einen Beschluss des Entwurfs zu verhindern.

In einem Brief an den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) bat die Bischöfin der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland, Rosemarie Wenner, um eine Überarbeitung des Kabinettsentwurfs. Sie bezeichnete es als unangemessen, eine Gruppierung mit nur einem Sitz aus dem Rat auszugrenzen, wenn andere Gruppen durch mehrere Sitze vertreten seien. Das meldet der "Evangelische Pressedienst" (epd).

"Mangelnde Wertschätzung"

Auch der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) bat in einem Schreiben an Kretschmann um Überprüfung des Entwurfs. Manfred Tesch, Leiter des Landesverbandes Baden-Württemberg, betonte in dem Brief das ehrenamtliche Engagement in der Gesellschaft, durch das sich die Freikirchen auszeichnen. Viele diakonische und soziale Werke wie Kindertagesstätten oder Bildungseinrichtungen seien Teil des BEFG. Darüber hinaus gehöre auch das Gemeindejugendwerk Baden-Württemberg zu einem wichtigen Arbeitszweig der Freikirchen im Land. Außerdem sei der Landesverband mit seinen 10.000 Mitgliedern größer als manche Partei im Landtag. "Aus Sicht des Landesverbandes der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde betrachten wir unsere Kirchen als gesellschaftlich relevant", so Tesch. Das rechtfertige eine Vertretung der Freikirchen im Rundfunkrat. Eine Streichung der Vertretung würden viele Freikirchenmitglieder als "mangelnde Wertschätzung für ehrenamtliches, christlich motiviertes Engagement in Baden-Württemberg" wahrnehmen.

Die evangelisch-freikirchliche Gemeinde Bietigheim-Bissingen in der Nähe von Stuttgart rief zu einer Unterschriftenaktion gegen die mögliche Entscheidung des Kabinetts auf. 166 Unterschriften wurden an das Staatsministerium des Landes Baden-Württemberg geschickt, sagte Helmut Kuhlmann, Initiator der Aktion.

Gesellschaftliches Engagement

Auch er verfasste einen offenen Brief an den Ministerpräsidenten. "Nicht dass Sie mit diesem Akt den Islam dem Christentum faktisch als gleichwertig gegenüberstellen. Nein, indem Sie nun den Freikirchen auch noch die Tür weisen, machen Sie deutlich, dass die Organe dieses Landes nicht in der Lage sind, die christlichen Fundamente unserer Gesellschaft gegenüber einer Gewalt rechtfertigenden und auf politische Macht abzielenden Religion zu verteidigen", heißt es in dem Schreiben. Mit der Täuferbewegung im Jahr 1527 blicke die freikirchliche Bewegung in Baden-Württemberg auf eine lange geschichtliche Tradition zurück, der Beachtung geschenkt werden müsse.

In einem Leserbrief an die "Bietigheimer Zeitung" bezeichnet Kuhlmann den Kabinettsentwurf als "respektlos und herabwürdigend" gegenüber den Freikirchen. Wie Tesch rechtfertigt auch er die freikirchliche Vertretung im Rundfunkrat mit dem des sozialen und ehrenamtlichen Engagement der Gemeinden. Außerdem fordert Kuhlmann von der Landesregierung eine intensive Auseinandersetzung mit dem Islam und dessen Grundsätzen des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Die Integration in die westliche Gesellschaft müsse gewährleistet sein, ehe Muslime ein öffentliches und meinungsbildendes Amt ausüben könnten.

Der Medienbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Vereinigung Evangelischer Freikirchen, Markus Bräuer, kritisierte bereits Anfang Oktober das Vorhaben des Kabinetts. Die Beteiligung der Muslime fördere den Dialog der Religionen, allerdings dürfe das nicht auf Kosten der Freikirchen geschehen, sagte er gegenüber pro.

Noch laufen die Verhandlungen über die Zusammensetzung des SWR-Rundfunkrats. Am 23. Oktober berät das Kabinett über die Zusammenstellung der einzelnen Vertreter. Laut rot-grünem Kabinettsentwurf soll die Zusammensetzung in Bezug auf Gruppen und Geschlechter möglichst zeitgemäß sein. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/nachrichten.html?&news[action]=detail&news[id]=5878
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