Ruf nach schärferen Gesetzen gegen Kinder-Nacktfotos

Kinderschützer und Politiker fordern schärfere Gesetze gegen Kinderpornografie. Die Debatte offenbart: Es fehlen die rechtlichen Instrumente. Wie die Lücken geschlossen werden können, erklärt niemand.
Von PRO
Das Strafgesetzbuch behandelt im § 184 die Verbreitung pornographischer Schriften
Auslöser für die Debatte ist der Fall um den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy, gegen den die Staatsanwaltschaft Hannover im „Grenzbereich der Kinderpornografie“ ermittelt. Gegenüber Spiegel Online hatte Edathy erklärt: „Da mir erinnerlich war, bei einer kanadischen Firma, um die es mutmaßlich ging, vor etlichen Jahren Material bezogen zu haben, das ich für eindeutig legal halte, habe ich einen Anwalt um Beratung gebeten.“ Die Psychologin Tabea Freitag von „return Fachstelle Mediensucht“ sagte dazu pro im Gespräch: „Diese Wahrnehmung, Menschen, sogar Kinder, als ‚Material‘ benutzen zu können, legal oder illegal, ist die unmenschliche Krux hinter der Geschichte. Diese Wahrnehmung stellen wir in Therapie und Prävention zum Thema Pornografiekonsum vielfach fest. Diese krude Sichtweise hat letztlich auch den tolerierenden Umgang unserer Gesellschaft mit dem Thema Pornografie hinsichtlich Verharmlosung, freier Zugänglichkeit für Kinder und Jugendliche und damit der Nichtachtung bestehender Gesetze, das heißt den fehlenden Schutz von Kindern weiter befördert.“ Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, ein von der Bundesregierung geschaffenes Amt, hat eine Verschärfung der Regelung gegen Kinderpornografie gefordert und kritisiert, dass die derzeitige Rechtslage Lücken aufweist. Der Tageszeitung Welt sagte Rörig am Mittwoch: „Der Fall Edathy zeigt klar, dass es hier eine Gesetzeslücke gibt. Wenn Darstellungen von Kindern erzeugt werden, um sexuelle Interessen von Erwachsenen zu befriedigen, muss dies im Sinne eines besseren Kinderschutzes strafrechtlich sanktioniert werden.“ Rörig sieht auch die Notwendigkeit, Kinder besser zu schützen. „Diese Bilder haben schwerwiegende Folgen für Kinder und Jugendliche, wenn sie ein Leben lang im Netz zu finden sind“, sagte Rörig. Rörig bezieht sich auf das sogenannte „Posing“, das Bilder nackter Kinder bezeichnet, auf denen keine Genitalien zu sehen sind. Bislang steht der Besitz und der Verkauf dieser Bilder in Deutschland nicht unter Strafe. Einem Artikel von Spiegel Online zufolge ermittelt die Staatsanawaltschaft Hannover wegen solcher Bilder gegen Edathy. Der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, äußerte sich besorgt über die Verbreitung der „Posing“-Bilder. Gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger sagte Hilgers am Mittwoch: „Es ist ein schwerer Verstoß gegen die Menschenwürde, wenn Fotos von Kindern vermarktet oder gekauft werden.“ Nach Angaben der Zeitung wünscht der Verband, dass der Kauf und Verkauf dieser Bilder generell unter Strafe gestellt werden soll, wobei es zur Bestrafung von Kinderpornografie „einen graduellen Unterschied geben“ müsse. Allerdings müsse man dabei aufpassen, nicht Dinge zu kriminalisieren, die „zum alltäglichen Leben gehören“, etwa Fotos von Kindern am Strand, die von den eigenen Eltern gemacht würden.

Gesetzentwurf noch vor Ostern geplant

Bundesjustizminister Heiko Maas erklärte am Dienstag in einer Pressemeldung, die „Debatten über die Änderungen des Strafrechts sollten wir nicht mit Blick auf konkrete Einzelfälle führen“. Niemand dürfe mit dem Körper von Kindern und Jugendlichen Geschäfte machen. Das Minsisterium will nun klären, wie das gewerbsmäßige Handeln mit Nacktbildern von Kindern oder Jugendlichen unter Strafe gestellt werden kann und kündigte an, noch vor Ostern einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Kindern gegen sexuelle Ausbeutung auf den Weg bringen zu wollen. Zur besseren Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet möchte das Ministerium den veralteten Schriftenbegriff im Strafrecht dem digitalen Zeitalter anpassen um sicher zu stellen, dass das gezielte Ansprechen von Personen im Internet mit dem Ziel der Anbahnung sexueller Kontakte, das sogenannte „Grooming“ umfassend unter Strafe gestellt wird. Der Mitteilung des Ministeriums zufolge sei auch „Posing“ nach der Rechtsprechung in Deutschland bereits strafbar, sofern das abgebildete Kind oder der Jugendliche eine „geschlechtsbetonte Pose“ einnehme. Politiker sind sich einig, dass das Strafrecht geprüft werden muss. Nach Angaben der Tageszeitung Welt will Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) nach dem Fall Edathy die entsprechenden Regelungen zum Kinder- und Jugendschutz überprüfen lassen und feststellen, ob sie tatsächlich ausreichten. Die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Renate Künast (Bündnis 90/Grüne), äußerte sich bereits am Sonntag in der Berliner Tageszeitung BZ: „Der Schutz der Kinder muss uns besonders am Herzen liegen“, sagte Künast der Zeitung. Der Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte am Montag im Gespräch mit dem Nachrichtenportal RP-Online: „Der Fall Edathy muss zum Anlass genommen werden, um zu überprüfen, ob es eine Schutzlücke im Gesetz gibt. Es muss auf jeden Fall sichergestellt sein, dass nicht die Grenze von Natürlichkeit zu Missbrauch überschritten wird, die Kinder entwürdigt.“ Nach Angaben von Spiegel Online vom Montag hatte auch der CSU-Politiker Peter Gauweiler eine Verschärfung des Strafrechts gefordert. Spiegel Online beruft sich dabei auf Gauweilers Äußerungen gegenüber der Bild-Zeitung. Der Journalist und Blogger Daniel Bröckerhoff behandelt die Diskussion auf seiner Internetseite unter dem Titel „Was käufliche Kinder-Nacktfotos mit der NPD zu tun haben“. Er kommt zu dem Schluß: „Aber während es bei der NPD seit Jahren Bemühungen gibt, die Partei zu verbieten, ist bei kommerziell hergestellten Nacktfotos von Minderjährigen diese Diskussion nicht in Sicht. Und genau das sollte in meinen Augen der Fall Edathy ändern, wenn er denn überhaupt für irgendwas taugen soll“. (pro)
http://danielbroeckerhoff.de/2014/02/17/was-kaeufliche-kinder-nacktfotos-mit-der-npd-zu-tun-haben/
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