Ein 21-jähriger afghanischer Asylbewerber musste sich vergangene Woche vor dem Amtsgericht Miesbach in Oberbayern vor Gericht verantworten: Er soll einem christlichen Landsmann im Asylbewerberheim mit dem Tod gedroht, ihn angegriffen und verletzt haben; außerdem wurde ihm vorgeworfen, mit den Taliban zu sympathisieren. Der vorsitzende Richter Klaus-Jürgen Schmid nahm für diese Verhandlung das Kreuz im Gerichtssaal ab, das üblicherweise dort hängt, meldete die lokale Nachrichtenplattform tz. Nach Einschätzung des Mediums „eine Aktion mit Signalwirkung, die durchaus polarisiert“.
Deshalb fragte tz bei Pressesprecher Thomas Pfeiffer vom bayerischen Justizministerium nach, wie das zu bewerten sei. Der verwies auf die „Empfehlungen für den Bau von Justizgebäuden“, die sein Ministerium gemeinsam mit der Obersten Baubehörde im Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr herausgegeben hatte. Darin ist vorgesehen, in Gerichtssälen an einer geeigneten Stelle ein abnehmbares Kreuz aufzuhängen. Das widerspreche nicht der gebotenen Neutralität des Staates und der Justiz gegenüber verschiedenen Weltanschauungen.
Im Einzelfall sei es aber Sache des Gerichtes, eine Verhandlung mit oder ohne Kreuz durchzuführen. So entschied das Bundesverfassungsgericht bereits 1973. Damals hatte ein jüdischer Anwalt geklagt, weil ein Gericht in Nordrhein-Westfalen sich weigerte, die Verhandlung in einem Raum ohne Kruzifix durchzuführen. Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass der Zwang, „unter dem Kreuz“ zu verhandeln, für manche Menschen „eine unzumutbare innere Belastung“ sei und ihre Glaubens- und Bekenntnisfreiheit verletzen könne.
Der Angeklagte in Miesbach wurde im Übrigen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung sowie drei Wochen Arrest und fünf Beratungsterminen in der Jugendgerichtshilfe verurteilt, meldete die Nachrichtenseite Merkur.
Von: Jonathan Steinert