Rettung in Sicht? Und wenn ja, wie?

Auf dem Titelbild ist ein altes Kirchengebäude zu sehen, das in den Wogen von Wellen zu versinken droht. Im Innenteil findet der Leser mehrere Kirchen, eingebettet in Wolken in einem ansonsten strahlend blauen Himmel. "Ist die Kirche noch zu retten?" fragt die Wochenzeitung "Die Zeit" in einem Beitrag ihrer aktuellen Ausgabe.
Von PRO

Darin kommen mehrere Theologen zu Wort, die teilweise neue Wege gehen, um der Kirche in der modernen Gesellschaft Gehör zu verschaffen, aber auch dafür werben, sich auf die Kernkompetenz zu besinnen. Die große Stärke der Kirche sei ihre Voraussetzungslosigkeit und dass sie eine Liebe weitergebe, die bedingungslos allen Menschen gelte, so der Leipziger Theologe Christian Wolff und sein Dresdener Kollege Joachim Zirkler. "Zeit"-Redakteurin Evelyn Finger mahnt hingegen, dass die protestantische Kirche, "so verstockt ist, dass man sie sich manchmal zum Teufel" wünsche. Die Missbrauchsfälle in der jüngsten Vergangenheit hätten gezeigt, dass es nicht reiche, eine fortwährende Wahrheit zu predigen, sondern im Ernstfall auch Fürsprache für die Opfer zu halten.

Plötzlich ist Schluss mit der Nächstenliebe



Ein ängstliches Christentum sei vor allem dann nichts wert, wenn "die Kirche sich im Krisenfall in eine Wagenburg wandelt". Finger warnt vor möglichen Konsequenzen: "Da laufen die Leute in Scharen davon, weil plötzlich Schluss ist mit Nächstenliebe." Sie zeigt Beispiele von Menschen auf, die in der Evangelischen Kirche Neues tun und verdeutlichen, wozu die Gesellschaft Kirche noch braucht.



Eines dieser Beispiele ist der Pfarrer der Leipziger Thomaskirche Christian Wolff. Sein Plädoyer lautet, dass die Kirche vor allem offen sein müsse, weil sie ein "Ort der Voraussetzungslosigkeit" ist. Die Kirche dürfe nicht lediglich die ethische Aufrüstungsanstalt der Nation sein. Diese Meinung vertritt Stephan Schaede, Direktor der Evangelischen Akademie Loccum. Werte aufzählen und in den Himmel hängen werde die Kirche nicht retten. "Unser Amt ist, qualifiziert theologisch zu reden, dass andere uns verstehen. Wir brauchen weniger Angst, mehr heitere Leidenschaft, mehr Klugheit und keine falschen Rettungsfantasien", so Schaede.



Jeder Einzelne ist willkommen



Joachim Zirkler, Pfarrer der Dresdener Kreuzkirche, berichtet von seinen Erfahrungen im atheistisch geprägten Osten der Republik. Für ihn gilt es, wieder zum Kern der christlichen Botschaft vorzudringen: "Dass die bedingungslose Liebe Gottes allen Menschen gilt. Diese Liebe wollen wir niemandem verwehren. Bei uns ist jeder Einzelne willkommen." Als Konsequenz daraus schuf er den Kurs "Religion für Neugierige" – eine Art Christenlehre für Erwachsene.



"Wenn die Idee des mitleidenden Gottes nicht mehr in unserer Gesellschaft wäre, müsste unsere Gesellschaft ziemlich brutal werden", vermutet Ellen Ueberschär, die Generalsekretärin des Evangelischen Kirchentages, der kommenden Mittwoch in Dresden startet. Dass Christentum auch zur Innovation nötigt, das stellt der Direktor des Instituts für Kirchenbau, Thomas Erne, heraus: "Das Neue Testament ist voller Argumente für das Zusammenspiel von Bewahren und Verändern."



Bewegen und nicht verbarrikadieren

Die EKD-Kulturbeauftragte, Petra Bahr, sieht die Kirche als Hüterin eines immensen Schatzes von Überlebenswissen: "Gegen die Erregungsdemokratie könne die Kirche eine Perspektive von Vergebung setzen." Für die Kirche der Zukunft, so das Fazit der "Zeit"-Redakteurin Evelyn Finger, würde dies bedeuten, sich zu bewegen, statt statt sich zu verbarrikadieren und zu  "fragen, wie die Lage ist und was die Leute wollen, bevor man ihnen erklärt, was unverrückbar ist."



In weiteren Beiträgen zu dem Thema haben die beiden "Zeit"-Redakteure Thomas Assheuer und Evelyn Finger den katholischen Theologe Hans Küng interviewt, der sich gegen ein seichtes Traditionschristentum ausspricht. Außerdem wird eine Person portraitiert, die sich im Erwachsenenalter taufen ließ und ein Mann, der sich trotz aktiver Mitarbeit in der Katholischen Kirche zum Austritt entschieden hat. (pro)

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