Respekt auf dem Papier

In dieser Woche haben Vertreter der Deutschen Evangelischen Allianz und anderer Kirchen in Berlin zum Thema Mission und interreligiöser Dialog getagt. Evangelikale und interreligiöser Dialog? Das hatte lange Zeit so viel miteinander zu tun wie Richard Dawkins mit der Bibel. Ein Kommentar von Anna Lutz
Von PRO
In dieser Woche tagten Christen in Berlin zum Thema Mission. Auch die Deutsche Evangelische Allianz war dabei

Konkret ging es bei der zweitägigen Veranstaltung „Mission Respekt“ um ein Papier, das der Ökumenische Rat der Kirchen gemeinsam mit Katholiken und der Weltweiten Evangelischen Allianz 2011 auf den Weg gebracht hat: „Das christliche Zeugnis in einer multireligiösen Welt“. Die Christen beschäftigen sich darin mit der Frage danach, was christliche Mission in einer zunehmend heterogenen Gesellschaft bedeutet. Die Antwort: Zeugnis über den eigenen Glauben abzulegen, muss möglich sein – in gegenseitigem Respekt. Das allein ist interreligiöser Dialog, auch, wenn der Ausdruck an sich für viele Fromme negativ besetzt sein mag. Da wittert der ein oder andere die Vermischung von Glaubensinhalten, gekrönt von der Aussage, man bete ohnehin zum selben Gott. Das aber sollte gerade nicht Thema des interreligiösen Dialogs sein, denn INTER-religiös ist dann nicht mehr allzu viel. Stattdessen suchten die Kongressteilnehmer Wege des Miteinanders in aller Unterschiedlichkeit.

Überfälliger Schritt

Es ist ein wichtiger und überfälliger Schritt, dass die Evangelische Allianz sich an diesen Gesprächen beteiligt, sie sogar mitveranstaltet. Vor wenigen Jahren noch wäre das undenkbar gewesen. Dennoch muss sich gerade der deutsche Zweig der Evangelischen Allianz kritisch fragen lassen, wieviele Mühen er seit Erscheinen des „Christlichen Zeugnisses in einer multireligiösen Welt“ in einen interreligiösen Dialog investiert hat. Denn eine Empfehlung des Papiers an Kirchen und christliche Werke lautet: „Christen/innen sollten weiterhin von Respekt und Vertrauen geprägte Beziehungen mit Angehörigen anderer Religionen aufbauen, um gegenseitiges Verständnis, Versöhnung und Zusammenarbeit für das Allgemeinwohl zu fördern.“ Und an anderer Stelle empfiehlt es, „von Respekt und Vertrauen geprägte Beziehungen mit Angehörigen aller Religionen“ aufzubauen, „insbesondere auf institutioneller Ebene zwischen Kirchen und anderen religiösen Gemeinschaften“.
Auch drei Jahre nach Veröffentlichung des Grundsatzpapiers sucht man eine solche Zusammenarbeit, etwa zwischen Christen und Muslimen, im institutionellen Rahmen der Allianz vergebens. Es gibt Beispiele solcher Fusionen im Zeichen des Allgemeinwohls auf lokaler Ebene – allein in Berlin sind einige zu nennen. Aber wer sich den Spaß macht und die Worte „Evangelische Allianz“ und „interreligiöser Dialog“ einmal googelt, findet vor allem Kritik der Evangelikalen daran. Keine Spur von Projekten, die vom geforderten gegenseitigen Respekt und Vertrauen zeugen. Doch gerade eine solche institutionelle Zusammenarbeit wäre wichtig, um zum Beispiel einer generalisierten Angst vor „dem Islam“, wie er in vielen Gemeinden herrscht, entgegenzuwirken. Denn: Wer einen Moslem zum Freund hat, sieht so manches vielleicht anders.

Allianz sollte Dialog fördern

Islam und Christentum sind wahrlich nicht dasselbe. Und ja, es ist wichtig, über Christenverfolgung in muslimischen Ländern und salafistische Problemgruppen in Deutschland zu sprechen, auch von Seiten der Allianz. Stehenbleiben dürfen die Gläubigen an diesem Punkt aber nicht. Im Gegenteil, sie müssen zeigen, dass sie es besser können. Dass sie Willens sind, den Kontakt zu Andersgläubigen zu suchen, Unterschiede stehen lassen können und für das Gemeinwohl zusammenarbeiten wollen. Denn auch das ist Mission. Und das sollte zu allererst die Deutsche Evangelische Allianz fördern. (pro)

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