Jörg Stolz, der Professor für Religionssoziologie und Direktor des "Observatoire des religions en Suisse" an der Universität Lausanne ist, sagte im Interview: "Wenn man zu liberal wird, wird die Grenze der Religion zur Umwelt so unklar, dass die Religion in der Tat verschwindet." Auf der anderen Seite sei "eine gewisse Liberalität nötig", da man Zugeständnisse an die gesellschaftlichen und ökonomischen Realitäten machen müsse. Tue eine Religion dies nicht, verschwinde sie bald.
"Wer sich von der Mehrheit durch nichts unterscheidet, produziert keine negativen Schlagzeilen. Aber eben auch keine positiven." Das könne zu einem Problem werden "in einer Zeit, in der Religionszugehörigkeit immer mehr als Wahl verstanden wird". Stolz fügt hinzu: "Wenn man keinen guten Grund sieht, einer Konfession anzugehören, tritt man aus. Hier müssen die Kirchen den Leuten gute Gründe geben. Haben sie kein Profil, ist das ein Problem."
Der Religionssoziologe empfiehlt: "Ein gemeinsames Bekenntnis, ein gemeinsames Logo, gemeinsame klare Positionen und Aktionen könnten da viel ausrichten. Zwar sind alle einverstanden, dass man das Profil schärfen muss. Sobald es darum geht, wie das geschehen soll, sind die Leute typisch protestantisch und fundamental uneinig."
Er ist überzeugt, dass die Frage nach der Rolle von Mann und Frau und die "Gender"-Frage zu einem Konflikt zwischen liberaleren und konservativeren Gemeinden werden könne. Die Frage streife auch die Akzeptanz von Homosexualität oder Abtreibung. "Konservative Religionen beharren auf der Dominanz des Mannes, einer restriktiven Sexualmoral und einer alleinigen Anerkennung der heterosexuellen Beziehung. Wenn es einen Clash der Zivilisationen gibt, dann hier. Diese Kluft zeigt sich zwischen den Religionen im Westen, aber auch international, etwa zwischen christlich und islamisch geprägten Ländern."
Rückkehr der Religion nur in den Medien
Sowohl die liberalen als auch die konservativen Strömungen bestätigten die These vom Religionsverlust in der Moderne. "Schaut man die Zahlen an, kann man an der Säkularisierung der westlichen Gesellschaft nicht zweifeln. Amerika ist noch eine Ausnahme, aber auch auf diesem Weg", so Stolz.
Zwar gebe es immer mehr Theologen und Religionssoziologen, die die Säkularisierung infrage stellten, doch beruhe dies seiner Meinung nach auf einer verzerrten Wahrnehmung: "Beschäftigt man sich ständig mit Religion, dann liegt es auf der Hand, dass man die Religion überall wahrnimmt. Andererseits ist es angenehmer, von einem Forschungsobjekt zu berichten, das nicht schrumpft."
Fest stehe jedoch, dass es auf der Ebene der faktisch gelebten Religiosität in den westlichen Industrieländern keine Rückkehr der Religion gebe. "Die alternative Spiritualität wie Esoterik ist marginal. Wir sehen eine rasante Säkularisierung, einen rasanten Niedergang der Wichtigkeit von Religion im Leben der Menschen. Jede neue Generation scheint weniger religiös als die vorherige."
Allerdings sehe er eine Rückkehr des Themas in den Medien. "Das liegt vor allem an der weltpolitischen Bedeutung des Islams." Stolz fügt hinzu: "Nur was aktuell, außergewöhnlich, skandalträchtig, emotional berührend, nah am Zuschauer oder Leser ist, ist berichtenswert. Eine hervorragende Predigt, ein schöner Kirchenbasar, eine nachhaltige Hilfe für Bedürftige können den Teilnehmern sehr viel bringen – aber sie haben keinen Nachrichtenwert." (pro)
"Wer sich von der Mehrheit durch nichts unterscheidet, produziert keine negativen Schlagzeilen. Aber eben auch keine positiven." Das könne zu einem Problem werden "in einer Zeit, in der Religionszugehörigkeit immer mehr als Wahl verstanden wird". Stolz fügt hinzu: "Wenn man keinen guten Grund sieht, einer Konfession anzugehören, tritt man aus. Hier müssen die Kirchen den Leuten gute Gründe geben. Haben sie kein Profil, ist das ein Problem."
Der Religionssoziologe empfiehlt: "Ein gemeinsames Bekenntnis, ein gemeinsames Logo, gemeinsame klare Positionen und Aktionen könnten da viel ausrichten. Zwar sind alle einverstanden, dass man das Profil schärfen muss. Sobald es darum geht, wie das geschehen soll, sind die Leute typisch protestantisch und fundamental uneinig."
Er ist überzeugt, dass die Frage nach der Rolle von Mann und Frau und die "Gender"-Frage zu einem Konflikt zwischen liberaleren und konservativeren Gemeinden werden könne. Die Frage streife auch die Akzeptanz von Homosexualität oder Abtreibung. "Konservative Religionen beharren auf der Dominanz des Mannes, einer restriktiven Sexualmoral und einer alleinigen Anerkennung der heterosexuellen Beziehung. Wenn es einen Clash der Zivilisationen gibt, dann hier. Diese Kluft zeigt sich zwischen den Religionen im Westen, aber auch international, etwa zwischen christlich und islamisch geprägten Ländern."
Rückkehr der Religion nur in den Medien
Sowohl die liberalen als auch die konservativen Strömungen bestätigten die These vom Religionsverlust in der Moderne. "Schaut man die Zahlen an, kann man an der Säkularisierung der westlichen Gesellschaft nicht zweifeln. Amerika ist noch eine Ausnahme, aber auch auf diesem Weg", so Stolz.
Zwar gebe es immer mehr Theologen und Religionssoziologen, die die Säkularisierung infrage stellten, doch beruhe dies seiner Meinung nach auf einer verzerrten Wahrnehmung: "Beschäftigt man sich ständig mit Religion, dann liegt es auf der Hand, dass man die Religion überall wahrnimmt. Andererseits ist es angenehmer, von einem Forschungsobjekt zu berichten, das nicht schrumpft."
Fest stehe jedoch, dass es auf der Ebene der faktisch gelebten Religiosität in den westlichen Industrieländern keine Rückkehr der Religion gebe. "Die alternative Spiritualität wie Esoterik ist marginal. Wir sehen eine rasante Säkularisierung, einen rasanten Niedergang der Wichtigkeit von Religion im Leben der Menschen. Jede neue Generation scheint weniger religiös als die vorherige."
Allerdings sehe er eine Rückkehr des Themas in den Medien. "Das liegt vor allem an der weltpolitischen Bedeutung des Islams." Stolz fügt hinzu: "Nur was aktuell, außergewöhnlich, skandalträchtig, emotional berührend, nah am Zuschauer oder Leser ist, ist berichtenswert. Eine hervorragende Predigt, ein schöner Kirchenbasar, eine nachhaltige Hilfe für Bedürftige können den Teilnehmern sehr viel bringen – aber sie haben keinen Nachrichtenwert." (pro)