Religionsfreiheit endet bei Hassrede

Schwule und Lesben müssen es rechtlich gesehen nicht ertragen, dass in Kirchen Hass gegen sie gepredigt wird. Das hat der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte, Heiner Bielefeldt, im sogenannten Regenbogenzentrum des Kirchentages erklärt. Religionsfreiheit ende da, wo Hassrede beginne.
Von Anna Lutz
Heiner Bielefeldt sprach beim Kirchentag über die Rechte von Schwulen und Lesben

Der ehemalige Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit bei den UN, Heiner Bielefeldt, erklärte am Freitag beim Evangelischen Kirchentag, Religionsfreiheit gelte nicht nur für liberale Christen, sondern werde zu Recht auch von Konservativen in Anspruch genommen. Deren Freiheit ende aber da, „wo aus Vorbehalten gegen Schwule und Lesben Hassrede wird“. Der Aufruf zum Hass sei die „logische Grenze der Menschenrechte“.

Bielefeldt berichtete von Homogruppen in Bangladesch. Wer dazugehöre, treffe sich ausschließlich online miteinander, weil mehrjährige Haftstrafen und Lynchjustiz drohten. Es gebe dort „Hassprediger in Kirchen“, die sogar zum Mord an Schwulen und Lesben aufriefen. Und das, obwohl sich ein großer Teil letzterer als religiös verstehe und sogar Kirchen oder Moscheen besuche. Bielefeldt rief dazu auf, kirchliche und muslimische Glaubensräume zugunsten Homosexueller zu erweitern. „Man kann den Koran auch anders interpretieren“, sagte er. Dasselbe gelte für biblische Geschichten.

Evangelikale gegen Homorechte

Die lesbische Menschenrechtsaktivistin Kasha Nabagesera aus Uganda sagte, in ihrer Heimat könne sie keine kirchlichen Veranstaltungen besuchen, ohne beleidigt zu werden. Auf dem Kirchentag habe sie bisher kein einziges bösartiges Wort gehört. „Dafür bin ich sehr dankbar.“ Viele ihrer schwulen und lesbischen Freunde hätten sich dazu entschieden, die Kirche zu verlassen, weil dort Hass gepredigt werde. Evangelikale predigten „überall auf dem afrikanischen Kontinent“ gegen gleichgeschlechtliche Liebe.

Lesben, Schwule oder Transgender bildeten deshalb verstärkt Netzwerke in Uganda, um Strategien gegen Homofeindlichkeit zu entwickeln. Außerdem suchten sie Kontakt zu Gleichgesinnten in den Gemeinden, die sie dann über Hasspredigten informierten. „Das Wichtigste ist, dass wir uns nicht vor dem Hass in der Kirche wegducken“, sagte Nabagesera. Ein wichtiger Alliierter der Homo-Bewegung in Afrika sei der Angilikaner und Menschenrechtler Desmond Tutu. „Am Ende des Tages weißt du, du bist nicht allein“, sagte Nabagesera. „Jeder, der das Evangelium benutzt, um Hass statt Liebe zu predigen, liegt falsch“, ist sie überzeugt.

Natalia Matter vom Evangelischen Pressedienst erzählte die selbstrecherchierten Geschichten von schwulen und lesbischen Gläubigen aus Uganda oder Syrien. Viele von ihnen seien auf der Suche nach einer religiösen Heimat, berichtete Matter. Vor Ort waren die Protagonisten selbst nicht. Aus Sicherheitsgründen, wie die Veranstalter erklärten. (pro)

Von: al

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