Religionsfreiheit auf Islamisch

Religionsfreiheit ist eine islamisch inspirierte Idee. Diese Position äußerte Abdullah Saeed, Professor für arabische und islamische Studien an der Universität von Melbourne (Australien), am Montag bei einem Workshop auf dem Global Media Forum der Deutschen Welle in Bonn. Dies sei im Koran selbst begründet, demzufolge jeder Mensch seine Würde von Gott bekommt.
Von PRO

"Teil dieser Würde ist es, entscheiden zu können, ob man glaubt oder nicht. Religionsfreiheit ist also eine islamische Idee", so der Wissenschaftler. Vor allem im ersten Jahrhundert seiner Entstehung habe der Islam die Glaubensfreiheit des Einzelnen betont. Die muslimischen Länder gingen jedoch gegenwärtig sehr unterschiedlich damit um. Die meisten schränkten diese Freiheit ein, indem Angehörige anderer Religionen behindert würden, ihren Glauben zu praktizieren, oder Muslime, die zu einem anderen Glauben übertreten, bestraft würden, zum Teil mit dem Tod.

Einen Grund dafür sieht Saeed zum einen darin, dass islamische Gesellschaften durch die engen religiösen Bestimmungen versuchten, ihre kulturelle Identität zu wahren, die sie gefährdet sähen, wenn sie sich zu weit öffneten. Zudem würden die meisten muslimischen Länder autoritär regiert. Um ihre Macht zu legitimieren, verbündeten sich die politischen Führer mit der geistlichen Elite, die die Religionsfreiheit für Muslime und Nicht-Muslime oft einschränken. Das sei aber nicht die eigentliche Aussage des Koran oder Mohammeds selbst, sondern diese Vorstellungen hätten sich in spezifischen historischen und politischen Situationen der letzten Jahrhunderte entwickelt und prägten muslimische Gesellschaften bis heute.

Mittlerweile entwickle sich aber, so der Professor für arabische und islamische Studien, eine Debatte unter muslimischen Intellektuellen, inwiefern Religionsfreiheit umgesetzt werden muss. "Es ist Zeit für uns, diese historischen, vormodernen Positionen zu überwinden", sagt Saeed. Dass seine Ansicht stark umstritten ist, zeigt sich beispielsweise darin, dass seine Bücher, die auf Englisch und Arabisch erscheinen, in seiner Heimat, den Malediven, verboten sind. Doch er ist optimistisch: "Es ist  einfach islamisch, in diese Richtung zu gehen. Religionsfreiheit wird die Religionen aufblühen lassen."

"Glaube ist Herzensentscheidung"

Der evangelikale Religionssoziologe Thomas Schirrmacher führt die christliche Perspektive zur Religionsfreiheit auch auf die Menschenwürde zurück, die der Mensch als geschaffenes Wesen von Gott erhalte. Glaube sei vor allem Vertrauen auf Gott und damit eine ganz persönliche Herzensentscheidung. "Wenn man jemanden zwingt, Christ zu werden, ist derjenige in Wirklichkeit nicht Christ. Das, was einen religiös macht, hat nicht stattgefunden", so der Direktor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit. Es sei unmöglich, jemandem aufzuzwingen, wie er sich selbst durch den Glauben definieren soll. Ebenso wenig könne man jemanden für das bestrafen, was er glaubt. Schirrmacher wies darüber hinaus darauf hin, dass Religionsfreiheit nur funktioniere, wenn die Religionen es selbst wollten und begründen könnten. Eine Gefahr sieht er hingegen in religiösem Fundamentalismus, der andere Menschen zwingt, ihren Glauben auf eine bestimmte Weise zu leben.

Über seinen muslimischen Kollegen Saeed sagte Schirrmacher gegenüber pro: "In Deutschland gibt es zu dieser Position eine völlige Lücke. Wenn wir jemanden wie Saeed hier hätten, würde das viele Muslime in Deutschland beruhigen: Dass Sie ein guter Muslim sein und gleichzeitig den anderen ihren Glauben lassen können."

Das Global Media Forum ist ein internationaler Medienkongress, der seit 2008 vom Auslandsrundfunk Deutsche Welle in Bonn veranstaltet wird. Das Anliegen der Konferenz ist es, Medienvertreter, Politiker, sowie Verantwortliche aus Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft zusammenzubringen, um gemeinsam Lösungen für die Herausforderungen der Globalisierung zu diskutieren. (pro)

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