Für die Kirchen in Deutschland sind die Zahlen bedrückend. Seit der Wiedervereinigung 1990 haben sie 14 Millionen Mitglieder verloren. In der Katholischen Kirche entspricht das einem Rückgang von acht Prozent, in der Evangelischen Kirche sind es seit 1990 elf Prozent Verlust. 31 Millionen Einwohner gehören keiner Konfession an. Dies ist den Mitgliedertatistiken der beiden Kirchen zu entnehmen. Während sich dieser Trend in Deutschland noch verschärfen wird, sieht die Entwicklung im weltweiten Kontext anders aus.
Dort gewinnt Religion an Bedeutung. Welt Online berichtet über die neueste Studie des amerikanischen Pew Research Centers. Demnach sind aktuell rund 2,5 Milliarden Menschen (31,1 Prozent) weltweit Christen. Auf Rang zwei der religiösen Gruppen liegen Muslime mit 24,9 Prozent und erst dann kommt mit 15,6 Prozent die Gruppe der Konfessionslosen.
15,2 Prozent der Weltbevölkerung sind Hindus und 5,6 Prozent Buddhisten. Die Anteil der Juden an der Weltbevölkerung liegt bei unter einem Prozent. Aus Sicht der Forscher wird die Zahl der Christen auch 2050 stabil bei mehr als 31 Prozent liegen. Dann gehen die Forscher von einer Weltbevölkerung von neun Milliarden Menschen aus.
Wachstumsmarkt Südamerika
Der Anteil der Konfessionslosen wird dagegen 2050 bei 13,2 Prozent liegen – also etwas zurückgehen. Großer Gewinner werden die Muslime sein. Ihr globaler Anteil wird bis dahin auf 29,7 Prozent und damit um fast fünf Prozentpunkte wachsen: „Sollte sich dieses Wachstum fortsetzen, gäbe es 2070 mehr Muslime als Christen auf der Welt“, schreibt Welt Online in Bezug auf die Studie.
Die Zahl der Christen nehme vor allem in Lateinamerika in den evangelikalen Kirchen zu. Claudia Zilla von der Forschungsgruppe Amerika der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sieht in diesen Ländern auch einen Bedeutungsverlust der Katholischen Kirche. So habe unter anderem der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro, ursprünglich Katholik, sich von einem evangelikalen Pastor erneut taufen lassen und einen Religionswechsel vollzogen.
Mehrheitlich konservative Moralagenda
Die evangelikal geprägten Länder zeichne häufig eine Nähe zu Israel aus. Mit dem eigenen Glauben sei die Erwartung verbunden, dass Jesus Christus wiederkomme und ein „tausend Jahre dauerndes Reich mit Israel als politisch und religiös dominierender Weltmacht errichten wird“. Daher setzten sie sich dafür ein, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Laut Zilla verträten die Evangelikalen mehrheitlich eine „konservative Moralagenda“, die in einem Spannungsverhältnis zu Frauenrechten und Homosexualität stehe.
Die amerikanischen Forscher sind sich unschlüssig, wie sich das globale Wachstum des Islam auf die internationale Politik auswirken wird. Der Artikel weist auf die Rivalität zwischen Saudi-Arabien und dem Iran – und damit zwischen Sunniten und Schiiten – hin. Beide verstünden sich als „islamische Staaten“. Es sei schwierig, zwischen religiösen und politischen Gründen für den Konflikt zu unterscheiden: „Religiöse Konflikte befeuerten politische – und umgekehrt“, schreibt die Welt.
Von: Johannes Blöcher-Weil