Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) ist unter anderem für die Vergabe der Konzessionen für Fernsehsender in der Schweiz zuständig. Am 11. Januar 2024 teilte die Behörde etwas mit, was für die Medienlandschaft rund um die zweisprachige Region Biel erstaunlich, für die christliche Medienlandschaft aber umso erfreulicher war: Sie vergab dem bisherigen Lizenz-Inhaber für die Region, dem Sender „Tele Bielingue“, nach 25 Jahren keine neue TV-Konzession mehr. Stattdessen vergab das UVEK die Konzession am 3. April 2025 an „Canal Alpha“, einen Konkurrenten aus dem benachbarten Kanton Neuenburg. Der wird von zwei gläubigen Christen geleitet.
Hinter „Canal Alpha“ stehen die Produktionsfirma „Mystik SA“ und deren Besitzer Marcello del Zio und Joël Pelet. Sie hatten den Kanal im Jahr 2000 gekauft. Gegründet wurde der Sender 1987 von einer Gruppe evangelikaler Christen. Der Regionalsender erreicht heute nach eigener Aussage täglich rund 60.000 Zuschauer. Da ein Programm mit ausschließlich christlichen Sendungen jedoch keine Chance auf eine Konzession hätte, passten die evangelikalen Macher ihr Konzept an, berichtet die „Berner Zeitung“.
„Es handelt sich nicht um einen christlichen Sender, sondern um einen regionalen Fernsehsender mit christlichen Eigentümern“, sagte Pelet in einem Interview mit dem französischsprachigen christlichen Medienmagazin „Vivre“. Er fügte hinzu: „Spirituelle und religiöse Themen haben auf dem Kanal ihren festen Platz.“ Der 47-Jährige ist Bauplaner und studierte am Biblisch-Theologischen Institut in Orvin nahe Bern. Nach einer Tätigkeit als Jugendpastor in Neuenburg beteiligte er sich an der Gründung des ersten Schweizer Web-TV-Senders und kaufte anschließend gemeinsam mit anderen Partnern den Fernsehsender „Canal Alpha“.
Die Konzession von „Tele Bielingue“ läuft nun noch bis Ende des Jahres, danach geht „Canal Alpha“ auf Sendung. Für das weitere Unternehmen hat die „Mystik SA“ im vergangenen Jahr den Sender mit dem Namen „Canal B“ gegründet.
Zwei Sendungen, in denen es um den Glauben geht
Bei dem Streit ging es zum einen um die Sende-Lizenz für neun Jahre für das zweisprachige Gebiet in den Kantonen Bern, Freiburg und Solothurn mit der Stadt Biel als Zentrum. Zum anderen ging es um Subventionen des Bundes in Höhe von 3,9 Millionen Franken (ca. 3.900 Euro) pro Jahr, wie die „Berner Zeitung“ berichtet.
Gemäss Radio- und Fernsehgesetz wird bei gleichwertigen Bewerbungen jene bevorzugt, welche die Meinungs- und Angebotsvielfalt im Versorgungsgebiet am stärksten bereichert. Das UVEK kam zu dem Schluss, dass „Canal B“ die Medienvielfalt in der Region mehr bereichert als „Tele Bielingue“. Dabei ging es um Kriterien wie Abdeckung des Versorgungsgebiets, „Vielfalt an Themen, Meinungen und Interessen sowie Akteuren und Akteurinnen“ sowie „Vielfalt an Sendeformaten“. Auch beim Informationskonzept erreichte die Bewerbung von „Canal B“ die volle Punktzahl bei der Bewertung durch die Medienexperten des UVEK.
Das Unternehmen „Gassmann Media AG“, das hinter „Tele Bielingue“ steht, reichte zwar Beschwerde ein. Doch das Bundesverwaltungsgericht stellte eine weitgehende Gleichwertigkeit der beiden Bewerbungen fest und wies den Fall zur erneuten Beurteilung an das UVEK zurück. Vier Monate später bekräftigte das UVEK seine bisherige Haltung: „Tele Bielingue“ soll die TV-Konzession entzogen werden, dafür bekommt sie „Canal Alpha“.
Die „Berner Zeitung“ erklärte, der spirituelle Aspekt komme bei „Canal Alpha“ insbesondere durch zwei religiöse Programme zum Vorschein, die abwechselnd wöchentlich am Donnerstagabend ausgestrahlt werden. Die Sendung „Passerelles“ wird von der reformierten, katholischen und christkatholischen Kirche produziert und finanziert. Die Sendung „Ma foi c’est comme ça“ (zu Deutsch: Mein Glaube ist so) hingegen werde von evangelischen Kirchen produziert und finanziert. In dieser Sendung berichten alle zwei Wochen Menschen aus Wirtschaft, Sport und Politik über ihren Glauben an Gott. „Die Sendung mit missionarischen Zügen wird zur Hälfte von der Produktionsfirma von der Mystik SA getragen – die Mehrheitsbesitzerin von ‚Canal Alpha‘ ist –, zur anderen Hälfte von einer evangelikalen Stiftung“, schreiben die Autoren.
Mitarbeiter mit freikirchlichem Hintergrund
Pelet erklärte: „Das Schweizer Recht erlaubt uns, in religiösen Sendungen vieles zu sagen.“ Journalisten müssten sich jedoch zurückhalten, über den eigenen Glauben zu sprechen. Andererseits können sie Menschen, die ihren Glauben bezeugen, frei zu Wort kommen lassen. „Meiner Meinung nach können wir das Evangelium besser bezeugen, wenn wir einen engen und langfristigen Kontakt zu den Zuschauern haben“, so der Direktor weiter. „Unser Regionalfernsehen wird von der Bevölkerung geschätzt, und viele Zuschauer folgen uns treu.“
Ein ehemaliger, langjähriger „Canal-Alpha“-Redakteur sagte gegenüber der Zeitung, es sei bekannt, dass viele Mitarbeiter des Senders einen freikirchlichen Hintergrund hätten und die beiden Chefs gläubig seien. Einen direkten Einfluss in Bezug auf religiöse Themen durch die beiden Direktoren habe er aber nie erlebt.
Laut Del Zio kritisierte die bisherige Lizenz-Inhaberin, „Tele Bielingue“, dass „Canal Alpha“ öffentliche Mittel auch für die Produktion der Sendung „Ma foi c’est comme ça“ verwende. Ein weiterer Vorwurf lautet: Die Studios von „Canal Alpha“ dienten der Freikirche „La Ruche“ (zu Deutsch: Bienenstock), in der Pelet und Del Zio Mitglied sind, als Räumlichkeiten für ihre Gottesdienste.
Del Zio wies beide Vorwürfe zurück. Die Gebührengelder würden lediglich für die Erfüllung des öffentlichen Auftrags eingesetzt. Bei den für Gottesdienste genutzten Räumlichkeiten handele es sich um Studios der „Mystik SA“, die sich in einem benachbarten Gebäude befänden. Caroline Sauser vom federführenden Bundesamt für Kommunikation sagte auf Anfrage der „Berner Zeitung“: „Es bestehen keine Hinweise darauf, dass bei ‚Canal Alpha‘ Abgabegelder zweckentfremdet werden oder wurden.“